Spritzer, als (gegen die Bildränder hin und als «Folie» des
Impastos) hauchzarte, die Leinwand durchscheinenlassende
Lasur. Im Wechsel dieser verschiedenen, sozusagen kalligra-
phischen Techniken, in ihrer spannungsvollen Simultaneität
als Niederschlag sensitiver seelischer Schwingungen und
Regungen, liegt der Ausdrucksgehalt des Bildes beschlossen.
Der Umstand, daß der Farbe als Strich, dem «zeichnen-
den» Pinsel entschieden das stärkste Wirkungsfeld eingeräumt
wird, ist geeignet, die Malerei von Wols gegen den Tachismus
im engern Sinn abzugrenzen. Der Tachismus in seiner rein-
sten Form, etwa bei Pollock, isoliert das Problem der Farbe.
Wols indessen wahrt den Impulsen des Zeichnerischen, dem
Duktus der Linie, ihr Recht. Dadurch namentlich erhält seine
zumeist kleine und kleinste Formate vorziehende Kunst — im
Gegensatz zu den dynamisch ausschwingenden, weiten Flä-
chen rufenden Gestaltungsgebärden Pollocks — oftmals einen
mikroskopisch versponnenen, lyrisch kontemplativen und
intimen Zug, der am ausgeprägtesten in seinen Radierungen,
aber auch im «Bateau ivre> waltet.
Von Alberto Giacometti haben zwei Bilder Eingang in die
Sammlung gefunden, die die bereits vorhandenen zwei Bronze-
plastiken aufs glücklichste ergänzen und den Maler Giaco-
metti gültig repräsentieren. Bis nach dem Krieg hat Giacometti
um die Bildhauerei gerungen; seit 1947 hat er mit zunehmen-
der Intensität wieder zum Pinsel gegriffen, und gegenwärtig
beschäftigt ihn die Malerei fast noch mehr als die Tätigkeit als
Plastiker.
Beide Male handelt es sich um Bildnisse. Giacometti ist
einer der ganz wenigen unter den großen zeitgenössischen
Künstlern, die sich dieser «Gattung» zuwenden, welche durch
die in der modernen abstrakten Kunst vollzogene «Vertrei-
bung des Menschen aus der Kunst» (Ortega) gänzlich an den
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