worden. Wir wissen von einer Gruppe wohl des früheren
dritten Jahrhunderts v. Chr., in der die Hauptfigur stehend
an einen Baum gefesselt war. Dann folgte in den Jahren
gegen 200 v. Chr. vermutlich im Kunstbereich von Pergamon
die berühmteste der antiken Marsyas-Darstellungen, die den
am Baume Hängenden im Verein mit dem Skythen und mit
Apollon zeigte. Eine Statue in Paris und zwei Torsen in
München und Istanbul repräsentieren den Typus des
Marsyas, der einen in den Hüften leicht nach vorne ab-
gebogenen Körper aufwies, als ob er mit den Füßen noch
den Boden berührt hätte, und der in seiner Gestalt trotz allem
Naturalismus einen einheitlich zusammenfassenden, noch an
Klassisches gemahnenden Formenvortrag hatte. Den Skythen
kennen wir aus der bekannten, am Boden hockenden und sein
Messer schleifenden Figur in den Uffizien von Florenz. Vom
Apollon ist leider nichts Sicheres erhalten. Doch können uns
ein römisches Schmuckrelief, Sarkophagdarstellungen und ein
geschnittener Ringstein eine ungefähre Vorstellung vom Aus-
sehen der ursprünglichen Gruppe vermitteln,
Im klassischen Altertum war mit der erstmaligen
Schöpfung eines Kunstwerkes das Motiv nicht verbraucht,
sondern je durchschlagender sein Erfolg war, desto sicherer
rief es andere Künstler auf den Plan, die unbeschwert von
aller Vorstellungen des geistigen Eigentums die Idee begierig
für sich aufgriffen und wetteifernd dasselbe Motiv wieder und
wieder abwandelten. So entstand rund um die Mitte des
zweiten Jahrhunderts v. Chr. eine zweite Fassung des hängen-
den Marsyas, die nur bei näherer Betrachtung vom älteren
Typus unterscheidbar ist. Der Körper ist gestreckt hängend
dargestellt, und seine Einzelformen sind nach dem damals
herrschenden Stil detaillierter und kleinteiliger wiederge-
geben. Ob diese jüngere Fassung ebenfalls als Gruppenbild
gedacht war, entzieht sich unserer Kenntnis. Die Wahr-
scheinlichkeit, daß nur die Hauptfigur einer Neubearbeitung
unterzogen wurde, ist groß.
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