Full text: Jahresbericht 1960 (1960)

akte>, nämlich III, steht in eindeutiger Beziehung zu einem 
Gemälde. 
In formaler Hinsicht zeichnet zwar zahlreiche Plastiken 
eine «malerische» Behandlung der Grenzzone aus. Doch die- 
ser Umstand kann nicht als spezifische Eigentümlichkeit von 
«Malerplastik> eingeschätzt werden; die aufgerauhte, das 
Weben von Licht und Schatten aktivierende Oberfläche ist 
seit Rodin und Bourdelle stilistisches Allgemeingut eines be- 
trächtlichen Teils der Plastik des 20. Jahrhunderts geworden. 
Zudem beruht gerade die Formstruktur der «Rückenakte» 
weniger auf malerischen als auf betont kubischen, skulptura- 
len Werten. Ungleich bedeutsamer ist dagegen der folgende 
Sachverhalt: die meisten Plastiken von Matisse sind nicht als 
Freifiguren zu verstehen; sie sind nicht auf eine Mehrzahl 
von Anblicksmöglichkeiten, sondern auf Einsichtigkeit hin 
entworfen. In der Festlegung einer Schauseite liegt ihr Wesen 
als «Malerplastik» beschlossen. 
Es kann kein Zufall sein, daß gerade die «Rückenakte», 
also Matisses plastisches Hauptwerk, Reliefs und als solche 
ins Bildhafte entrückt sind, bei aller plastischen, kubischen 
Intensität, die sich im einzelnen ausspricht. Hierin zeigt sich 
wohl am deutlichsten, daß ihr Schöpfer der ursprünglichen 
Begabung nach Maler ist. Nur im Medium des Reliefs konnte 
Matisse zu dieser monumentalen Formulierung gelangen: die 
«Rückenakte> fordern eigentlich den Bereich des Oeffent- 
lichen. Daß sie nicht als Bauplastik eine Oertlichkeit gefunden 
haben, die ihnen denkmalhafte Dauer und Bleibe garantiert, 
daß sie ortlos und insofern auf das Museum angewiesen sind 
als auf eine ihnen nicht aus innerer Notwendigkeit zugehörige 
Stätte — das ist unentrinnbares historisches Schicksal, in 
dessen Zeichen sich die Geschichte der modernen Plastik 
überhaupt vollzieht. Eduard Hüttinger 
Nämlich zu den «Baigneuses» von 1916/17 (Sammlung H. Pearlman, New 
York; Barr, a. a. O0. Abb. S. 408). Die Figur links auf diesem Gemälde vor 
allem ist in ähnlich flächig abstrahierender Manier konzipiert. 
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