ALBERTO GIACOMETTI
TORSO (1925) BRONZE
Der vom Zürcher Kunsthaus aus der Thompson Collection
erworbene Torso von Alberto Giacometti (1925) stammt aus
einer frühen Epoche des Künstlers, aus dem letzten Jahr sei-
ner Studienzeit in der Academie de la Grande Chaumiöere bei
Antoine Bourdelle. Die straffe architektonische Körperfugung
erscheint wie ein Auftakt zu seiner kubistischen Epoche und
jenen massiven «Idolen» und magischen «Objets», mit denen
er sich der surrealistischen Gruppe in ihrem Beginn anschloß
und deren einzig bedeutender Bildhauer er blieb.
Nach volumenfestem Aufsprießen vom Sockel, aus statisch-
irdischer Verwurzelung, wird der obere Körperstumpf schräg
gestellt und gelockert angegliedert, um der dichten Komposi-
tion leise Bewegtheit zu vermitteln.
Mit dieser 57 cm hohen Plastik Giacomettis finden wir
jenen Griff in die «Abbreviatur» des Torsohaften, die auch bei
vielen seiner Vorgänger und Zeitgenossen vollzogen wurde —
wohl überall aus dem tieferen Bedürfnis, eine vor allem
modellgebundene, beschreibende Form-Definition in eine freie
Form-Suggestion umzuwandeln und die entscheidende Aus-
druckskraft in das Ineinandergreifen von wesentlichen Grund-
volumen zu verlegen.
Der Gestaltung des Form-Fragmentes sollte in späteren
Jahren bei Giacometti auch inhaltlich erweiterte Bedeutung
zukommen, wenn er arm- und kopflose Wesen durch den
Raum traumhaft wandeln läßt («Femme qui marche» 1933)
oder wenn losgelöste, einsame Körperteile einsam im Raume
geistern («Le Nez», «La Main», «Täte sur un bäton», alle
von 1947). Es sind dies Ausdrucksmethoden, die für Giaco-
metti charakteristisch sind, die aber auch in der geistigen Ein-
stellung und im Formungswillen der Zeit lagen — innerhalb
oft völlig verschiedener Gestaltungsarten. («La Muse endor-
mie» von Brancusi, 1910, oder eine Kopffassung des Themas