Full text: Jahresbericht 1960 (1960)

zentrischen Formen, die jeden imitativen, gegenständlichen 
Bezug verleugnen. Zusammen mit Delaunay hat Kupka in 
diesen Jahren Bestrebungen am konsequentesten realisiert, 
denen sich eine ganze Gruppe von Künstlern — Villon, Du- 
champ, Leger, Gleizes, Metzinger, Le Fauconnier, Picabia — 
verpflichtet fühlten. Im europäischen Bereich muß er deshalb 
gemeinsam mit Kandinsky, Malevitch und Mondrian zu den 
eigentlichen Begründern und Pionieren der abstrakten Malerei 
gezählt werden. Auf ihn, auf Delaunay und Picabia war 1912 
aus Anlaß des «Salon d’Automne» Apollinaires Formulierung 
von der «Peinture orphique» gemünzt, die seither als «Orphis- 
mus» zu einem fest fixierten Stilsynonym geworden ist. Der 
Orphismus versteht die Farbe als absoluten, konkreten, nicht 
weiter reduzierbaren Gestaltwert; in den Worten Delaunays 
ausgedrückt: «Die Farbe allein ist Form. Die synchronische 
Aktion der Farbe ist als eigentlicher und einziger Vorwurf 
der Malerei zu betrachten.» 
Wie für Delaunay die «Formes circulaires», die «Rythmes 
circulaires» und die «Disques simultanes», so wurden auch 
für Kupka Kreis- und Ellipsenfigurationen aus purer Farbe 
die elementaren bildnerischen Sprachmittel, nur daß sie bei 
ihm nicht ein kosmisches Geschehen, wie nach dem Selbst- 
verständnis Delaunays, zum Ausdruck zu bringen haben; viel- 
mehr bleiben sie ständig einer kühl geometrischen Sphäre zu- 
geordnet. In der rational experimentierenden Art Kupkas mag 
begründet liegen, daß er daneben als sehr persönliches for- 
males Sprachmittel die Grammatik der sogenannten «plans 
verticals» konzipierte, die er 1912/13 zum erstenmal an- 
wandte. Das vorliegende Gemälde von 1926 gehört, als spezi- 
fische Variation, zur Bildfamilie des «Vertikal-Pläne»-Form- 
apparates. 
Vertikalstreifen gliedern im Wechsel von breiten Bändern 
und schlanken Stäben als primäre, weinrote, weiße und grau- 
gelbe Kompositionselemente das Bildfeld. Sie werden oben 
und unten überschnitten von «orgelpfeifenartig» diagonal an- 
x.
	        
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