dunklen Bänder überlagert oder von ihnen mitgeführt werden.
So asketisch verhalten mithin die Farbwelt des Bildes ist, so
reich differenziert ist ihr stoffliches Substrat aufgetragen.
Dickes Impasto wechselt mit hauchdünner Lasur; indem die
Farbmaterie im oberen, «ereignishaften» Teil breit hin-
gespachtelt ist, eignet ihr eine sehr gestufte Körperlichkeit.
Hierin manifestiert sich ein ausgesprochener Hang zu ge-
pflegter Handwerklichkeit: die dekorativen Elemente des Mal-
metiers werden, echt französisch, betont und ausgekostet.
Der Ausdrucksgehalt des Werkes ist angesiedelt im Bereich
eines quasi monumentalen, dramatischen Geschehens voll
hieroglyphischer Zeichenhaftigkeit, aus dem es geheimnisvoll
phosphoreszierend und blitzend herausleuchtet; diesem
Geschehen sind die Qualitäten des Feierlichen, Prächtigen,
Nächtlichen, des ernst und streng und zugleich bewegungshaft
Gefügten eigen. Es sind Bereiche, die in Einklang sich be-
finden mit den folgenden Worten des Malers: «La peinture est
avant tout une experience poetique. C’est une metaphore; elle
ne se laisse pas entamer par l’explication: sur elle viennent
se faire et se defaire les sens qu’on Ilui pröte. C’est pourqoui
Vart provoque, inquiete et exalte, comme la vie.»?
Eduard Hüttinger
Soulages hat sich verschiedentlich über seine Malerei geäußert; es mag sein,
daß sich in diesem Bedürfnis zur theoretischen Ueberlegung ein säkularer fran-
zösischer Wesenszug bekundet, die Absicht nämlich auf rationale, gedankliche
Durchdringung des eigenen schöpferischen Prozedere. Freilich erfolgt, wie Sou-
lages selber ausdrücklich betont, die Reflexion immer erst an zweiter Stelle;
sie fixiert nicht vorgängig ein Programm, das dann in Malerei umzusetzen
wäre; der Vorgang spielt sich vielmehr umgekehrt ab: «C’est ce que je fais qui
m’apprend ce que je cherche. Peindre precede toujours la reflexion.» Die
Bemerkungen von Soulages zur Kunst sind gesammelt in: Quadrum VIII (1960),
5. 95 ff.
uf