Full text: Jahresbericht 1962 (1962)

Tat und Wahrheit das Inventar in einer seichten bildflächen- 
parallelen Raumschicht vor schattendunkler Folie zu streng 
gefügter, vor allem von Vertikalakzenten bestimmter Schau- 
barkeit. Im starken, von links einfallenden Schräglicht haben 
die körperlich-plastischen Werte der stofflich eingehend ge- 
schilderten Bildwelt die führende Stimme. Alles Dargestellte 
tritt zu reliefhafter Tastschärfe hervor, der gegenüber keine 
Interieurwirkung aufkommen kann. Die Farbgebung steht 
damit in Einklang. Zwar dominieren graue und braune Töne 
in vielfältig gebrochenen Stufungen; doch befreien sie sich 
nicht zu atmosphärischer Gelöstheit: sie haften als Lokal- 
farben an den jeweiligen Dingen. Dieser Sachverhalt wird 
besonders deutlich an den wenigen Stellen, wo die Farbe zu 
kräftigerem Leben erwacht, so im Stahlgrau und Karmin der 
Mütze des Jungen, in den verschiedenen Rot der Granatäpfel 
und des Schinkens. 
Die angeführten stilistischen Eigentümlichkeiten sprechen 
gegen spanische und für italienische Provenienz des Bildes. 
Namentlich die wenigen bekannten Bodegones des in Toledo 
tätigen Loarte, darunter solche mit den Daten 1623, 1624 und 
1626®%, tragen ein grundsätzlich anderes, malerisch weiches 
auf tonigen Nuancenreichtum und räumliche Wirkung ange- 
legtes Gepräge. Am ehesten bietet sich zum Vergleich mit 
unserem Gemälde eine Gruppe toskanischer Stilleben des 
frühen 17. Jahrhunderts an: spätestens seit 1624 malte zum Bei- 
spiel Jacopo da Empoli Küchenstücke, die eine ähnlich strenge, 
reliefartige Fügung der Komposition kennzeichnet.? Die Hypo- 
these, das vorliegende Werk sei die in den zwanziger Jahren 
2 Vgl. zu Loarte Enrico Lafuente Ferrari, La peinture de Bodegones en Espagne, 
in: Gazette des Beaux-Arts 1935, II, S. 174/175; Katalog der Ausstellung 
Velazquez y lo Velazquefio, 2. A., Madrid 1960, Nr. 4. S. 32 (mit weiterer 
Literatur). 
Vgl. Giuseppe De Logu, Natura morta italiana, Bergamo 1962, Abb. 43, 44, 
116. Heranzuziehen ferner die «Geflügelverkäuferin» (Pesaro, Pinacoteca) und 
der «Venditore di caccia» (Florenz, Uffizien; De Logu, a. a. O., Abb. 45/46). 
Diese bisher als florentinisch bezeichneten Werke (so auch noch von De Logu) 
freilich neuerdings Paolo Antonio Barbieri zugeschrieben (vgl. Francesco Arcan- 
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