Full text: Jahresbericht 1962 (1962)

Gris ohne Ausnahme neben der Jahreszahl auch mit der 
Angabe des Entstehungsmonats versehen; ab 1923 verzichtete 
er dann auf diese Gepflogenheit — ist ein typisches Beispiel 
von Gris’ synthetischem Kubismus, einer Arbeitsweise, die 
Gris selber in einem berühmten Satz ihrer Struktur nach als 
deduktiv umschrieben hat: «C6zanne d’une bouteille fait un 
cylindre, moi, je pars du cylindre, pour creer un individu 
d’un type special, d’un cylindre je fais une bouteille, une 
certaine bouteille.>» Das aus diesem Verfahren entspringende 
«ideale» Wesen der künstlerischen Schöpfung beleuchtet auch 
die folgende Aeußerung'®: «Ce n’est pas le tableau X qui 
arrive a coincider avec mon sujet, mais le sujet X qui arrive 
a coincider avec mon tableau.>» Am vollkommensten veran- 
schaulichen die zwischen 1915 und 1919/20, in der Epoche 
der streng konstruktiven Gestaltung geschaffenen Stilleben, 
unter die sich auch das vorliegende Gemälde reiht, die solcher- 
weise gedanklich fixierte «Kunsttheorie» des Malers. Es domi- 
niert eine reine, fast mosaikartig durchartikulierte Flächig- 
keit, bei entsprechender Reduktion der Farbigkeit auf Weiß, 
Schwarz, Grau, Oliverün und Braun.! 
Mit Jean Bazaines «La mer ä midi» gelangt das Werk 
eines Künstlers in die Sammlung, der entscheidend zum 
Ruhm der «Ecole de Paris» nach dem Zweiten Weltkrieg bei- 
getragen hat. Die Kunst von Bazaine entzieht sich — wie im 
Grunde jede wirklich bedeutende schöpferische Leistung — 
der bündigen Zuordnung‘ zu irgendeinem Ismus. Zwar be- 
trifft ihre Formgrammatik den Bereich, den man gemeinhin 
«abstrakt» nennt; indessen macht es das eigentliche Geheim- 
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Dieses und das vorige Zitat bei H.-D. Kahnweiler, Juan Gris, 2. A.. Paris 
1946, S. 277/278. 
Vgl. Max Huggler, Bemerkungen zum Werk von Juan Gris, in: Festschrift 
Kurt Bauch, Berlin 1957, S. 250. 
Oel auf Leinwand. 40X80 cm, bez. unten rechts: BAZAINE 60; Katalog der 
Bazaine-Ausstellung, Kunsthaus Zürich 1963. Nr. 90. 
4.6
	        
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