die Bronze ins Zentrum; jetzt geht es nicht mehr darum, mit-
tels Bemalung den Bezug der Plastik zum räumlich atmo-
sphärischen Ambiente, zu Licht und Schatten zu negieren.
Ganz im Gegenteil öffnen sich die plastischen Figurationen
dem Raum, um ihn zugleich in sich aufzunehmen und zu
aktivieren. Das als dialogisch verstandene Verhältnis von
Körper und Raum findet in der Bronze das angemessene
stoffliche Medium: ihre glänzende Oberfläche ist die ent-
scheidende Zone, in der sich die Begegnung von Körperlichem
und Räumlichem reich differenziert abspiegelt. Diese Plasti-
ken rufen im Grunde dem Freiraum; sie kommen zu sich
selber, sie entfalten die in ihnen latent angelegten Wirkungs-
möglichkeiten erst wahrhaft im naturhaften Bereich von Gar-
ten und Park, von Baum und Wasser. Denn neben der for-
malen Struktur ist es auch die durch sie Form bekommende
inhaltliche Thematik, die nach dieser Sphäre verlangt. Stets
handelt es sich um Frauenfiguren. Aber indem sie sich —
und das gilt in höchstem Maß für «La grande musicienne>» —
aus dem Zwang des Blocks befreien, jede Bindung an eine
bevorzugte Hauptansicht ablehnen und, sich verräumlichend,
zu schwellendem, atmendem Leben erwachen, werden sie zu
Wesen, die einem Bereich des mythisch Fabelhaften, der Sage,
entstammen. Wie ihre Schwestern, die Verkörperungen der
Tages- und Jahreszeiten oder der Sirenen, Ozeaniden und
Nereiden, ist auch «La grande musicienne» Schöpfung aus
uraltem antikisch-mediterranem Vorstellungsgut, phantasti-
sches Zwitterwesen voll animalischer Vitalität, das sich im
Raume dreht, windet, schraubt, verschränkt in elementarer,
naturhaft gelöster Daseinsgebärde. Laurens selber hat sich
einmal über die verschiedenen inhaltlichen Kategorien aus-
gesprochen, der Plastik angehören kann. Kein Zweifel aber,
daß «La grande musicienne» der zuletzt von ihm genannten
Kategorie zuzuzählen ist!: „Une statue peut &tre: de&corative;
19 Amis de l’Art, no. 1, 26 juin 1951; die Aeußerungen von Laurens zur Kunst,
ferner abgedruckt im Katalog der Laurens-Ausstellung, a. a. O., S. 13—15.
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