Full text: Jahresbericht 1964 (1964)

Nasenwurzel zeigt an, daß in der Profilansicht eine ungebro- 
chene Gerade Stirne und Nase miteinander verbindet. Dadurch 
kommen die Augen recht tief in eine beschattete Zone zu lie- 
gen. Scharf sind die Augenlider von der Augenhöhle abgeho- 
ben; die leicht divergierenden Pupillen in Form von eingeritz- 
ten, stehenden Halbmonden verleihen dem geradeaus, in die 
Ferne gerichteten Blick einen sinnenden, etwas starren Charak- 
ter. Im Gegensatz zu dieser zeichnerisch genauen Ausführung 
der Augen ist der weich geschlossene Mund mit wulstigen Lip- 
pen recht unpräzis eingesetzt; möglicherweise wurde diese 
Stelle, die keine Ritzungen aufweist, durch den Brand etwas 
deformiert. Das in der Mitte über der Stirn gescheitelte Haar 
ist beinahe illusionistisch behandelt, indem die einzelnen, par- 
allelen und nichtgelockten Haarsträhnen durch locker gesetzte 
Spachtelzüge gekennzeichnet werden. Einzig vor den Ohren, 
an denen keine Spuren eines Schmuckes festgestellt werden 
können, wird die klare Abgrenzung von Stirn und Haaransatz 
durch eine kleine Locke durchbrochen und in beinahe schüch- 
terner Weise aufgelockert. Obwohl der diademähnliche Aehren- 
kranz keiner starren Axialsymmetrie folgt, wirkt der ganze 
Aufbau der gegen die Mitte gerichteten, doppelreihig an- 
gebrachten Aehren gleichgewichtig ausgewogen — ein domi- 
nierendes Gegengewicht zu der schweren Backenpartie, wo- 
durch letzterer der füllige Charakter gemildert wird. Die Haare 
hinter dem Kranz sind deutlich summarischer gebildet; der 
anschließende Schleier, den ganzen Hinterkopf bedeckend und 
beidseits des Halses herabhängend, verzichtet gänzlich auf eine 
Artikulation plastischer Details, wodurch die frontale Auf- 
sicht, bei der diese Stellen durch den Kranz verborgen bleiben, 
eindeutig als Hauptansicht festgelegt wird. Die das ganze 
Werk kennzeichnende Symmetrie wird einzig durch den vom 
Beschauer aus leicht nach links abgebogenen Hals unterbro- 
chen. Die Vermutung liegt nahe, daß diese Bewegung in der 
Votivstatue, die von unserem Kopf aller Wahrscheinlichkeit 
nach bekrönt wurde, ihre Fortsetzung fand. 
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