Full text: Jahresbericht 1965 (1965)

das Gericault in ungezählten Studien — namentlich des 
Skizzenbuches des Zürcher Kunsthauses — zu bewältigen 
sucht. Die Verwurzelung des Künstlers im Klassizismus — 
obwohl Gericaults Lehrer Guerin kein direkter Schüler Davids 
war, lehrte er dessen Methode — zeigt sich darin, daß Plastizi- 
tät in der Folge immer stärker durch geschlossene Konturen 
erreicht wird; nicht zufällig hat sich das Zitat erhalten, wo- 
nach Gericault die Umrisse seiner Zeichnungen so solid wie 
Draht zu gestalten suche. 
Die Auseinandersetzung mit der klassizistischen Schule 
]äßt sich in unserem Bild auch in der Komposition nachweisen. 
Klassizistisch ist das Streben nach einer großen, monumentalen 
Gruppe, die sich ausgewogen und auf dem Boden verankert 
(vergleiche die konstruierte parallele Anordnung der Beine 
von Mann und Pferd) zum überragenden Pferdehaupt empor- 
steigert. Daß jedoch der Eindruck einer geschlossenen, beinahe 
stabil wirkenden Monumentalität aus Bewegung — vor allem 
dem Aufbäumen des Pferdes — resultiert, belegt die Abwen- 
dung von den Regeln der akademischen Tradition, die stabile, 
geradezu architektonisch gebaute Gruppenbildungen bevor- 
zugt. 
Entsprechend weicht auch die Raumauffassung von den 
Gebräuchen der «Ecole» ab. Während die Gruppe von Mann 
und Pferd eine allseitig in den Raum ausgreifende Dynamik 
entwickelt, zwingt die Schrägansicht der sehr beschränkten 
Raumbühne den Blick des Betrachters von links vorn nach hin- 
ten rechts — ein Bewegungsablauf, dem sich die Hauptgruppe 
kontrapostisch entgegensetzt. Eigenartig zwitterhaft gibt sich 
die Hintergrundkulisse; einerseits erkennt man einen gedeck- 
ten Vorplatz in Holzkonstruktion, zu dem sich wiederum im 
Skizzenbuch von Chicago fol. 40 v eine Vorstudie findet; ander- 
seits ist diese gebaute Architektur derart von «Natur» um- 
fangen — formal entspricht der Holzsäule rechts außen auf 
der gegenüberliegenden Seite der von Efeu umrankte Baum:- 
stamm, dem ungeglätteten fleckigen Boden antwortet auf dem 
L
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.