kreuz und quer liegenden Teppiche hindern mit ihrer
Musterung, die kaum verkürzt gegeben wird, die Klärung des
Bodengrundrisses. Die Wände sind aufgelöst in Farbflecken,
die ihre gegenständliche Herkunft von «papier peint» oder
Wandbehang kaum noch erkennen lassen.
Gerade dieses Schweben zwischen Räumlichkeit und
Flächenmusterung ist für Vuillard in den Jahren unmittelbar
vor 1900 charakteristisch. Es ist hier nicht der Ort, die Ent-
wicklung der Raumgestaltung in Vuillards Bildern ausführlich
darzulegen. Um jedoch die Bedeutung des neuerworbenen
Bildes zu erfassen, scheint es nötig, kurz den Stil zu Beginn
der neunziger Jahre und nach 1900 zu streifen. Nach 1890 setzt
der erste Höhepunkt in Vuillards Schaffen ein: es entstehen die
ersten größeren Interieurbilder, die meist das Couture-Atelier!!
seiner Mutter wiedergeben, und 1894 die ersten Wanddekora-
tionen, 9 panneaux der Jardins des Tuileries, denen in den
folgenden Jahren weitere bedeutende Wandbilder mit Interieur-
szenen folgen.” Die Ateliers setzen sich ausschließlich aus
Flächenelementen zusammen, die Tiefe wird verneint; den
Bildern eignet ein teppichartiger, dekorativer Charakter, der
durch die Darstellung mannigfaltiger, oft großgemusterter
Stoffe unterstrichen wird. Die Bilder nach 1900 dagegen
schaffen. in erster Linie räumliche Klarheit; die dekorativen
Musterungen verschwinden zugunsten einer oft peinlich
genauen Detailzeichnung.
Diese kurzen Bemerkungen mögen genügen, um zu zeigen,
daß sich im «Grand Interieur» die beiden Tendenzen die
Waage halten, hat es doch den ganzen Reichtum textiler
Flächenmusterungen der vorangegangenen Periode beibehal-
ten und Erfahrungen der Raumdarstellungen der späteren
Zeit vorweggenommen, ohne jemals die Einheit des Stil-
11 Claude Roger Marx, Vuillard et son temps, Paris 1945, Abb. S. 33; Andrew
Carnduff Ritchie, Edouard Vuillard, New York 1954, Abb. S. 32, 33.
12 Zusammenstellung von Vuillards Dekorationen siehe Andre Chastel, Vuillard,
Paris 1946, S. 115.
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