heiligen Maler die Madonnenvision und den symbolischen Stier beigibt.
Das beinah in die Bildmitte gesetzte Motiv der Maske — ungewöhnlich
auch es, in der Lukas-Ikonographie — bestätigt emblematisch, was die
Haltung des Maler-Evangelisten anschaulich demonstriert: Petrini gibt
hier, durch das Heiligenbild, zugleich das Bild des Malers und der Malerei
seiner eigenen Zeit. Man darf das Werk auch als einen Beitrag zur Deu-
tung des Künstlers und der Kunst im Settecento interpretieren. Im italie-
nischen Barock hat die Maske als Attribut der Malerei ihre feste Bedeu-
tung: bei Theoretikern wie Ripa (1593) und Baglione (1642), übrigens
auch bei Vermeer, meint sie die «imitatio», Naturnachahmung, die
moderne Devise der italienischen Malerei seit dem Trecento — es muß auf-
fallen, daß sie sich hier just an dem entgegengesetzten, imaginären Gehalt
der Lukas-Madonna bewähren soll. Petrini gibt durch das Innehalten
seines heiligen Malers zu bedenken, daß es nicht allein auf «imitatio»,
sondern ebenso auf die innere Schau ankomme. Es ist kein Zufall, daß
das Madonnenbild erst skizziert und also mitten in seiner Entstehung zu
sehen ist. Indem die Madonnenvision auffälligerweise fehlt, wird das
Schwergewicht der Bildkonzeption in die Einbildungskraft des Malers ver-
legt. Imagination und Imitation, beides zählt — ein Stück gemalte Kunst-
theorie!
Die genannten Abweichungen von der Lukas-Tradition und zumal das
Einblenden des «imitatio»-Gedankens verraten, daß Petrini dem Heili-
genbild den Typus des neuzeitlichen Malerbildes und wohl auch jenen des
Selbstporträts vor der Staffelei zuführt. Innerhalb der profanen Überlie-
ferung liegt die alte Aufgabe der « pittura »-Darstellung innerhalb der
Allegorien der «freien Künste » zugrunde. Ihr hatte sich seit dem 16. Jahr-
hundert das Sonderthema des Atelierbildes — des Künstlers in seiner Werk-
statt — zugesellt.
Innerhalb der Entwicklung des Lukas-Themas im engeren Sinne wendet
sich Petrini in der Zürcher Version überraschenderweise zu dessen An-