Full text: Jahresbericht 1968 (1968)

stilleren Melancholie gewichen. Die jahrelangen Bemühungen um for- 
male Klärung, der Einfluß der Auseinandersetzung mit den graphischen 
Techniken sind unverkennbar, liebt es doch der Künstler nunmehr, seine 
Darstellungen mit festen schwarzen Konturen zu umreißen. Es wurde 
schon des öfteren geltend gemacht, diese Zellenbildung sei der mittel- 
alterlichen Glasmalerei, insbesondere deren Verbleiung vergleichbar. Tat- 
sächlich hatte Rouault noch vor seinem Eintritt ins Atelier Gustave Mo- 
reaus bei einem Glasmacher und Restaurator eine Lehre absolviert, die 
ihn alte Kirchenfenster aus der Nähe studieren ließ. Wir glauben je- 
doch, daß nicht jene Jugendeindrücke den reifen Stil seiner Malerei 
prägten, läßt sich doch dieser zwanglos aus seinem eigenen früheren Stil 
als Maler und Graphiker ableiten. Durch das stete Wiederholen ähnlicher 
Motive — seien dies nun Clowns, groteske Köpfe oder Gesichter von Irren — 
haben sich im Laufe der Zeit Formen ausgebildet, die zunehmend groß- 
flächiger, geschlossener wurden, denen auch im Gegensatz zur «fauven» 
Zeit von 1905 ein dekorativer Linienfluß nicht mehr fremd ist. Zahlreiche 
Werke wurden wieder und wieder überarbeitet. War die Technik der Bil- 
der aus der ersten Periode gekennzeichnet durch das unentwirrbare 
Durcheinander von Wasser- und Deckfarben, von Pastell und Öl, so prägt 
die späteren Werke eine nicht minder persönliche Handschrift, indem nun 
Öl zum gebräuchlichsten Medium wird, und zwar dergestalt, daß durch 
endlose Übermalung Schicht um Schicht übereinander zu liegen kommt, 
was den Farben ein tiefes, emailartiges Leuchten verleiht. Diese Technik 
ist in den wohl relativ rasch entstandenen Bildern der Schenkung Ban- 
gerter erst in den Ansätzen erkennbar; ihren Höhepunkt erreichte sie in 
den späteren dreißiger Jahren. 
Rouault war sich seiner Sendung wohl bewußt, wie er auch schon früh 
erkennen mußte, daß ihn sein Weg zum Einsiedler abseits vom aktuellen 
Tagesgespräch zwang: «Je suis solitaire comme le lion du desert », schreibt 
er in seinem Vorwort zur 1926 erschienenen Monographie von Georges 
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