Man könnte den Bericht über das Jahr 1968 unter das Zeichen des zwie-
gesichtigen Janus stellen. Auf der einen Seite ist sehr viel Erfreuliches zu
berichten, vor allem in bezug auf die Sammlung. Diese erfuhr durch
großzügige Schenkungen von Bildern und eines neuen Saales sowie durch
Legate eine unverhoffte Bereicherung, die um so nötiger und erfreulicher
ist, als die Preise auf dem Kunstmarkt sich immer weiter von dem Ver-
mögen eines Museums entfernen. Doch lassen die bedeutenden Zuwen-
dungen von privater Seite hoffen, daß unsere Sammlung auch weiterhin
nicht zur Stagnation verurteilt sein wird.
Beunruhigender wird das Bild, wenn man sein Augenmerk auf den Betrieb
richtet. Zwar ist die diesjährige Betriebsrechnung ausgeglichen. Sie wäre
sogar noch günstiger, wenn nicht das Heft mit Reproduktionen von Wer-
ken aus der Sammlung, nach dem immer starke Nachfrage besteht, neu
hätte aufgelegt werden müssen. Das verhältnismäßig günstige Resultat ist
aber fast ausschließlich bestimmt durch den überaus positiven Abschluß
der Ausstellung «Picasso, Das graphische Werk»; ähnlich wie 1967 die
Chagall-Ausstellung, 1966 diejenige von Kokoschka die Rechnung positiv
beeinflußten. Nun sind Ausstellungen wie die genannten aber glückliche
Sonderfälle, dank der ganz besondern Anziehungskraft, welche die betref-
fenden Künstler auf ein sehr vielschichtiges Publikum ausüben. Man
könnte sie, wenn man es nicht herabsetzend meint, als Zugstücke bezeich-
nen. Nun ist aber die Zahl solcher Möglichkeiten beschränkt, da sehr viele
Ausstellungen, die zugkräftig wären, sich aus finanziellen oder andern
Gründen nicht realisieren lassen. Es kann also nicht jedes Jahr mit einem
solchen Glücksfall gerechnet werden, und das laufende Jahr 1969 wird zum
Beispiel wohl ohne einen solchen auskommen müssen; wird es doch eine
Anzahl interessanter, aber teurer Ausstellungen bringen, die aller Vor-
aussicht nach nicht allzuviel einbringen werden.
Und hier stellt sich nun eine grundsätzliche Frage, die Frage nämlich
nach der Funktion eines Museums und Ausstellungsinstitutes. Soll ein