Schließlich die Mauer; die den Bildraum nach hinten begrenzt und alle
Tiefenillusion zunichte macht. Die skizzenhaften Zeichnungen erinnern
an die bei abgelösten Fresken (etwa im Campo Santo von Pisa) sichtbar
werdenden Vorzeichnungen, weiter an die «Pentimenti», die « Reue-
züge», die beim Durchleuchten alter Gemälde unter der endgültigen
Malerei auftauchen. Mag sein, daß Antes sich auch des Ratschlages von
Leonardo im «Traktat der Malerei» erinnert hat, alte, brüchige und ver-
witterte Mauern lange zu betrachten, um darauf Gesichter und Land-
schaften zu erkennen. Auf dem vorliegenden Bild charakterisieren die
skizzenhaften Pinselzeichnungen die Mauer als etwas Altes, das die ver-
wischten Spuren von Geschehenem trägt.
Diese Hinweise mögen in die Richtung des von Antes Gemeinten weisen,
führen vielleicht aber in die Irre. Sie können jedoch eines zeigen: daß die
Malerei von Antes sich jedem schnellfertigen Konsum entzieht und gerade
durch ihre Rätselhaftigkeit und Vieldeutigkeit ein stets wieder anziehen-
des Geheimnis wahrt. Dieses wirkt um so verlockender, als es sich mit
einem meisterlichen malerischen Handwerk verbindet. In diesem Sinne
bedeutet das Bild einen Höhepunkt im bisherigen Schaffen von Horst
Antes.
Willy Rotzler