JOAN MIRO, OISEAUX QUI S’ENVOLENT; KERAMIKWAND 1971/72
Die Keramikwand «Oiseaux qui s’envolent» wurde in diesem Jahres-
bericht bereits erwähnt. Sie wurde von der Vereinigung Zürcher Kunst-
freunde dem Künstler in Auftrag gegeben. Es handelt sich also nicht um
ein Werk, das bereits vorhanden war und angekauft wurde, sondern um
eine Komposition, die der Künstler eigens für die Eingangshalle des Kunst-
hauses geschaffen hat, nachdem er vorher zu verschiedenen Malen das
Museum besucht hatte. Davon wird später noch zu sprechen sein.
Die Keramik ist ein Medium der Gestaltung, dem der Maler Mirö sich erst
verhältnismäßig spät, aber dennoch als einer der ersten unter den be-
deutenden Künstlern der Gegenwart, zugewendet hat. Zufall und innere
Notwendigkeit spielen dabei — wie so oft — so ineinander, daß sie schwer
gegeneinander abzuwägen sind.
Ein Ausgangspunkt ist der Spieltrieb, der dem Werk Mirös in hohem
Maß das Gepräge gibt und dem ein neues Gestaltungsmaterial eine neue
Herausforderung bedeutet. Es ist kein Zufall, daß der Künstler in einem
Moment zur Keramik griff, wo ihn die Zusammenstellung von Objets
trouves zu in den Raum greifenden surrealen Gebilden beschäftigte. Viel-
leicht hat Mirös Biograph Dupin recht, wenn er meint, daß damit die
Malerei im traditionellen Sinn in Frage gestellt werden sollte; doch ist
Miro eine viel zu positive und vitale Natur, um sich bei Negativem auf-
zuhalten. Nicht nur entstand aus diesen Assemblagen gefundener Gegen-
stände sein plastisches Werk, diese Versuche wirkten auch zurück auf sein
malerisches Schaffen, das dadurch neue Impulse erhielt. In diesem Zusam-
menhang ist es verständlich, daß Mirö sich versucht fühlen konnte, nach
der für ihn neuen keramischen Technik zu greifen, um die Möglichkeiten,
die sie ihm bot, zu prüfen. Den Anstoß zu Versuchen in dieser Richtung
gab 1942 eine Keramikausstellung seines alten Freundes Joseph Llorenz
Artigas, Katalane wie er selber, den er seit gemeinsamen Studien- und
Pariser Jahren kannte. Mirö machte Artigas den Vorschlag, zusammen-