ihn immer wieder von neuem über die Schönheiten, die auch unsere Welt
dem Menschen bereithält, staunen läßt. Alles’ Ekstatische und Kämpfe-
rische, das sein Jugendwerk immer wieder ausgezeichnet hat, ist einer
ruhigen Innigkeit gewichen, die besonders einprägsam in dem von Frau
Vava Chagall dem Kunsthaus geschenkten Bild zum Ausdruck kommt.
Chagalls Pinselstrich, der in der Spätzeit immer weicher, impressionisti-
scher wird und die Konturen mehr und mehr auflöst, teilt hier die Ober-
fläche in eine Vielzahl sich facettenartig durchdringender Einzelflächen
auf, wie dies für eine Gruppe von Gemälden der früheren fünfziger Jahre
charakteristisch ist, weshalb wir der Ansicht sind, daß das Bild in seiner
Gesamtanlage eher dem früheren der beiden in der untern rechten Bild-
ecke verzeichneten Daten zuzurechnen ist.
Au-dessus de Paris, 1968 (Abb. S5)
Chagalls Spätzeit wird gekennzeichnet durch eine immer freiere und un-
beschwertere Verwendung der Motive, die sich im Laufe seines langen
Lebenswerkes als unverwechselbar persönliche Figurationen heraus-
gebildet haben. Die schwebenden Tiere und Zirkusmenschen, die Liebes-
paare sowie Eiffelturm und russisches Dorf — kurz alle jene Motive, die
Chagalls Phantasiewelt in so liebenswerter Weise beleben — vereinigen
sich in immer wieder neuen Konstellationen und legen Zeugnis ab von
Chagalls ungebrochener Schaffensfreude.
In stilistischer Hinsicht sind für die sechziger Jahre vor allem zwei Merk-
male zu erwähnen: die Verselbständigung der Farbe oder auch die Ten-
denz, ein Bild einem einzigen Farbklang unterzuordnen, und die stets
zunehmende Flexibilität des Pinselstriches, der sich zu impressionistisch
anmutender Weichheit entwickelt hat.
Diese beiden Eigenschaften kommen in «Au-dessus de Paris» deutlich
zur Geltung, mit dem Chagall auf die Thematik der fünfziger Jahre