Partien und durch Schatten an den Rändern plastisch hervortreten. Ihm
liegt auch daran, die Wirkung von Raumtiefe zu bewahren. Während bei
den gleichzeitigen Bildern von Picasso und Braque Vorder- und Hinter-
grund durch eine einheitliche «kubistische » Behandlung zusammen-
gezogen werden, setzt sich der nah und groß gesehene Frauenakt deutlich
vom Hintergrund ab. Der stark verkleinerte Maßstab der Landschaft und
der Hausfront hinter ihr, die perspektivisch in die Tiefe fliehenden For-
men der Dachaufsätze und vor allem die atmosphärische Wirkung des
hellblauen Himmels mit den weißen Wolken erzeugen den Eindruck
von Räumlichkeit. Andererseits verbindet La Fresnaye nahe und ferne
Bildelemente durch Formangleichung. Deutlich wird das beispielsweise
an den Kreisformen der Wolken und der Haare und Brüste. Auch durch
die Auflösung der Konturen zwischen Kopf und Himmel sowie zwischen
Unterarmen und Hintergrund versucht er, einen Übergang von einer
Bildebene in die andere zu schaffen. Allerdings bleiben gerade diese Par-
tien etwas undeutlich, und wahrscheinlich hat Seligman sie vor Augen,
wenn er vermutet, daß das Bild nicht ganz vollendet ist, obwohl La
Fresnaye es signiert hat!.
In «La femme aux nuages» beginnt La Fresnaye die Bildgegenstände
atmosphärisch zu umspielen. Diese Neigung kommt in den folgenden
Werken bis ungefähr 1914 immer stärker zum Durchbruch. La Fresnaye
entfernt sich damit immer mehr vom orthodoxen Kubismus. In seinem
Streben nach Helligkeit und Transparenz findet er in den Farbkonstruk-
tionen von Robert Delaunay vielfältige Anregungen. Er verbindet in
seinen Hauptwerken um 1914 die Formdurchdringungen des analyti-
schen Kubismus mit den Farbdurchdringungen von Delaunay. Indem er
die flachen, geometrisierten Objekte mit einer leuchtenden atmosphä-
* Germain Seligman, Roger de La Fresnaye, avec le catalogue raisonne de l’e@uvre, Editions Ides
et Calendes. Neuchätel 1969. Nr. 114. 5.149