Volltext: Jahresbericht 1973 (1973)

kultur. Während das Cheminee-Stilleben mit seinen flächigen Über- 
schneidungen und der Teilung der Gegenstände in beleuchtete und be- 
schattete Hälften noch kubistische Prinzipien erkennen läßt, sind die 
Objekte in der «Nature morte au journal» in klarer Ausbreitung neben- 
einandergestellt und in ihrer Integrität erhalten. Das unkonventionelle 
schmale Querformat, das eher an eine Supraporte als an ein Staffeleibild 
denken läßt, kommt der intimen Darbietung einfacher kleiner Dinge ent- 
gegen. Der Früchtekorb, das Messer und das Glas werden dem Betrachter 
greifbar nahe gerückt. Die dunkelgelben Früchte erscheinen in einer 
neuen sinnlichen Fülle. Im Gegensatz zum analytischen Kubismus werden 
sie wieder stärker in tonigen Abstufungen modelliert. Dennoch liegen sie 
nicht plastisch rund in einer räumlich erkennbaren Vertiefung, sondern 
schweben gleichsam als freie Form über dem Türkisgrund des Korbes, 
Auch die wieder auftretenden Schlagschatten sind mehr dekorativ hinter- 
legte Folie und rühren nicht von einer einheitlichen Lichtquelle her. 
Insgesamt bleibt der Flächencharakter bestimmend. Die Teilflächen des 
Tisches und des Hintergrundes nehmen die Rahmenform wieder auf und 
betonen die in dieser Zeit von Braque immer häufiger verwendete Hori- 
zontalgliederung. Das Karomuster des Tischtuches ist glatt als dekorative 
Fläche ausgebreitet und bekommt lediglich an der unteren Kante durch 
das Überstehen des quergelegten Messers und der Zeitung die angedeutete 
Räumlichkeit einer Tischdecke. Im Gegensatz zu den geraden und eckigen 
Formen des analytischen Kubismus verwendet Braque nun vermehrt ge- 
krümmte Linien und kurvige Konturen. Die Arabesken des Korbes sind 
gegenständlich gebunden, gliedern aber zugleich die Bildfläche als freies 
Ornament. Die Zeitung mit den überschnittenen Buchstaben aus dem 
Wort «Journal» ist eine Reminiszenz an die kubistischen Bilder, in die 
Braque seit 1911 Druckbuchstaben und Zahlen als Elemente der Realität 
eingeführt hatte. In den Farben bleibt die asketische Beschränkung des 
analytischen Kubismus wirksam: beherrschend sind immer noch die
	        
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