WILHELM LEIBL: «ZWEI FRAUEN IN DER KIRCHE », 1878
Als Wilhelm Leibl 1869, das heisst 25jährig, in der ersten Internationalen
Kunstausstellung in München das Bildnis der Frau Gedon (Bayerische
Staatsgemälde-Sammlungen, München) ausstellte, wurde ihm die viel-
leicht grösste Anerkennung seines Lebens zuteil. Zwar erhielt er, da er
noch Schüler von Piloty war, keine der damals begehrten und als Grad-
messer des Erfolges so wichtigen Medaillen — das Bild trug ihm jedoch
das Lob Courbets, des gefeierten Helden jener Ausstellung, sowie durch
dessen Vermittlung eine Einladung nach Paris ein. Von Malern und
Kunstfreunden verwöhnt, blieb er acht Monate in der französischen Me-
tropole, wo das Bildnis der Frau Gedon schliesslich doch noch mit einer
Goldmedaille ausgezeichnet wurde. Der Aufenthalt wurde durch den
Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges jäh beendet; Leibl kehrte
nach München zurück, wo er die nächsten drei Jahre verbrachte. 1875
zog er sich in kleine und kleinste Ortschaften in Oberbayern zurück, und
knapp zehn Jahre nach seinem ersten Erfolg begann er mit der Arbeit,
die ihn über’ vier Jahre beschäftigen sollte, an jenem Bild, das sein be-
rühmtestes werden sollte: Drei Frauen in der Kirche (Kunsthalle Ham-
burg). Die Arbeit an diesem Werk muss als verbissen bezeichnet werden;
sie verlangte vom Maler, der darauf bestand, ausschliesslich in der Kirche
zu malen, wie auch von den drei Modellen, die immer anwesend sein
mussten, eine Geduld, die nach menschlichem Ermessen ans Unfassbare
grenzt. Äussere Widrigkeiten verzögerten die Vollendung: Der Pfarrer
von Berbling, einem kleinen Ort südlich von Aibling, auf dessen Erlaub-
nis hin Leibl dieses Dorf zum Schauplatz seines Ringens gemacht hatte,
starb 1879; der Nachfolger untersagte zunächst das Weiterarbeiten im
Gotteshaus; während der langen Wintermonate verzögerte die Kälte, im
Sommer die Hitze das Begonnene. Am 15. November 1880 schrieb Leibl
an seine Mutter: «Mit dem Bilde habe ich aber viel Pech. So konnte ich
die Hände der letzten Figur nicht fertig malen, weil die betreffende Per-
son, als ich schon sehr weit damit war, ein Geschwür daran bekam, und