die Werke anderer aus allen Zeiten zu erfahren und zu bewundern, gehörte
er doch nicht zu jenen Naturen, die ihre Stärke durch Ablehnung alles
Vergangenen zu beweisen meinen, sondern zu denen, für welche die
Grossen zugleich Lehre und Herausforderung bedeuten, wie es sich auch
aus seinem Werke ablesen lässt. Der Krieg veränderte sein Leben; er
nahm zuerst in der Fremdenlegion in Nordafrika daran teil, kehrte dann
nach Frankreich zurück, lernte den Mangel und die Bedrohung kennen.
Doch darf man vielleicht sagen, dass gerade die Krise ihn zu sich selbst
führte, seine Kräfte nicht brach, sondern stärkte. Die Begegnung mit
Künstlern wie Magnelli, Delaunay und etwas später Braque, mit dem er
befreundet war, förderte ihn, und so begannen jene Werke zu entstehen,
die bald die Aufmerksamkeit auf ihn lenkten. Man darf sagen, dass die
Composition en noir zu den Hauptwerken dieser ersten unmittelbaren
Nachkriegszeit gehört. Während die wenigen erhaltenen Aquarelle und
Bilder de Staöls aus der Vorkriegszeit gegenständlich sind, handelt es sich,
wie schon im Titel zum Ausdruck kommt, um ein nicht figürliches Bild,
was in Übereinstimmung ist mit den Tendenzen jener Zeit. Man könnte
diese Abkehr — ähnlich wie das Misstrauen der Nachkriegsschriftsteller
der Sprache gegenüber — in Zusammenhang bringen mit den Erschütte-
rungen, welche die Kriegsjahre gebracht hatten, würde aber damit wohl
bestenfalls einen Aspekt des Phänomens treffen. Aufschlussreicher und
richtiger ist wohl eine Äusserung des Sta&ls selber: «On ne paint pas ce
qu’on voit mais le choc qu’on a recu.» Mir scheint, dass dieser Ausdruck
das ganze Werk de Stae@ls charakterisiert, auch dort, wo wieder benenn-
bare Gegenstände, Landschaften und Stilleben erscheinen. Doch ist
«choc» in einem Bild von 1946 vielleicht noch in einem direkteren Sinn
zu nehmen. Man könnte in diesem dunkeln, leidenschaftlich bewegten
Bild eine Nachwirkung des Kriegserlebnisses sehen. Die wenigen helleren
Töne erscheinen in gefährlich ausfahrenden Spitzen oder in Durchblik-
ken, die doch nicht ins Freie zu führen scheinen. Es ist, als ob man in eine