Akzent. Der gesamten Serie von insgesamt
10 Bildern zu diesem Thema ist gemeinsam
ein gerasterter Hintergrund — ein Effekt, den
Lichtenstein aus der Werbegraphik über-
nommen hat — sowie die Beschränkung auf
nur wenige Farbakzente. Alle Bilder sind In
Öl und Magna gemalt, die Punktierungen der
Hintergründe zwar schabloniert, aber von
Hand aufgetragen. Das Zürcher Bild hat
einen schwarz gepunkteten Grund, der
Pinselstrich ist gelb, schwarz konturiert
wiedergegeben.
wird. Gerade das können wir auch bei der
Serie der « Brushstrokes» beobachten. Der
«Pinselstrich» ist eine ironische Antwort
Lichtensteins auf die Malerei des Pinsels,
auf die Malerei, die aus dem Gestus der Hanc
lebt, die die Sensibilität des Künstlers im
Pinselstrich offenbart. Er ist das äusserste
Gegenteil dessen, was man unter « Peinture »
versteht. In diesem Pinselstrich wird keine
Gestimmtheit des Künstlers spürbar, es fehlt
ihm jegliche seismographische Aussage und
Spontaneität. Der « Brushstroke» ist eine
Antihaltung gegen die Aktionsmalerei und
zugleich ihr ironischer Kommentar. In der
Einfachheit der Darstellung erhält er emble-
matischen Charakter. Der Pinselstrich ist zu
einer konkreten Form geworden, wie ein
Gegenstand behandelt. Der Duktus des
Malers hat sich zu einem eigenständigen
Bild verfremdet. Ironischerweise malt
Lichtenstein auch noch Tropfen und
Dripping, um den Charakter des Pinselstrichs
zu unterstreichen. Aber sie sind ebenso
«Form», die festgelegte und gefrorene
Bewegung ist wie der Pinselzug selbst. Der
gerasterte Hintergrund ist Folie, kein
evokativer Raum. Der « Brushstroke» könnte
in seiner eindeutigen, klaren Zeichnung
zweifellos auch Reklame machen für ein
Anstreichergeschäft. Lichtenstein ist seiner
Auffassung selbst bei einem so zum Maleri-
schen verlockenden Thema treu geblieben:
er bekennt sich zur direkten Aussage, zum
Verzicht auf das Malerische zugunsten einer
reinen Bildsprache.
Lichtenstein hat in seinen Werken immer
versucht, die mechanische Perfektion der
Massenmedien zu erreichen. Wie Warhol
pflegt er eine absolut sachliche Malerei mit
dem Verzicht auf die gestische Handschrift
des Malers. Wie Warhol ist er ein Maler der
urbanen Situation mit ihren Objekten des
täglichen Lebens. Werbung hat in Lichten-
steins Kunst eine fundamentale Rolle gespielt
und den plakativen Stil seiner Bilder inspiriert
ebenso wie das begrenzte Farbsystem. Die
Darstellung eines Gegenstandes auf seinem
direktesten Weg, ohne Licht und Schatten
ausgesetzt zu sein, ohne Beziehung zum
Raum zu haben oder sich gar mit ihm zu
verbinden, haben Warhols und Lichtensteins
Malerei gemeinsam. Hier liegt ihr eindeutiger
Werbecharakter. Innerhalb der Pop-Malerei
sind beide Maler hier am konsequentesten
vorgegangen. Keiner von beiden hat sich je
mit der Collage beschäftigt wie etwa ihre
Zeitgenossen Rauschenberg, Jasper Johns
oder Jim Dine. Wie Warhol ist Lichtenstein
nicht interessiert an malerischen Wirkungen.
Der von ihm zum Bildthema erhobene
Gegenstand wird kühl, von seiner Umwelt
isoliert vorgestellt. Es geht ihm allein um die Lit.: Rainer Crone, Andy Warhol, 1970, Abb. Nr. 67, Kat.-Nr
Visualisierung des Gegenstandes, der manch- 446, S. 304, Diane Waldmann, Roy Lichtenstein, 1971, Abb
mal mit einer gewissen Ironie ins Bild gesetzt Nr. 136.
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