oegegnen. Er wendete sich bereits kurz darauf
wieder der Farbe und einem neuen Aufbruch ins
Reich der Phantasie zu. Aber geläutert durch die
kurze Spanne Zeit, in der er nach neuen Formen
und Ausdrucksmitteln suchte. Mirö hat wiederholt
auch Materialbilder und Collagen gemacht — das
«Material» hat ihn nie mehr ganz losgelassen. So
ausdrucksstark wie im Jahre 1929, eingeläutet
durch die « Danseuse espagnole» von 1928, sind
sie nie wieder gewesen.
schrift — Masson setzte es in die Malerei um. Er war
ainer der ersten Maler, die sich unmittelbar, unter
dem Diktat des Unbewussten, mitzuteilen suchten.
Auch hier ist unser Bild ein markantes Beispiel.
Fisch- und Vogelköpfe begegnen sich auf der
«Coquillage» — archaische Metaphern, die uns
schon durch die präkolumbianische Kunst geläufig
sind. Urwesen mit symbolgeladenen Inhalten, hier
nur flüchtig skizziert, knapp als Form mitgeteilt.
Auch Masson weicht dem malerischen Hintergrund
aus. Er beklebt die Leinwand mit Sand, eine
Technik, die er in diesen Jahren häufig anwendet,
um — wie Herta Wescher schreibt — die « Kräfte der
Erde in ihren geringsten, wandelbarsten Bestand-
teilen sichtbar zu machen». Masson geht nicht so
weit wie Mirö — er geht mit sich selbst nicht so
stark ins Gericht. Farbe leuchtet noch als maleri-
scher Aspekt aus den stark reduzierten Formen. Die
Linie setzt gleichsam Stenogramme über Form und
Grund. Massons Gemälde fällt in eine Zeit, da er
sich vor allem anderen vom automatischen Steno-
gramm angezogen fühlt. Noch 1925 war er ein
Anhänger des Kubismus, den er zwar erst in seiner
Auflösung adoptierte. Zwei Jahre später begegnen
wir der zitternden, vibrierenden Linie, die die
angespannte, nervöse Handschrift des Malers ver-
-ät, dessen, der sie niederschreibt. Der Gegenstand
beginnt sich in Metaphern aufzulösen — um übrigens
wenige Jahre später wieder in die konkrete Form
einzumünden. Die Zeit um 1930 bedeutet eine
Sternstunde im Leben Massons. Ganz ähnlich wie
Mir6 malt auch er in diesen kurzen Jahren Porträts
imaginäre, in Tusche schnell hingeschriebene
Bildnisse seiner Dichterfreunde. 1929 bricht
Masson mit dem Surrealismus, obwohl er auch
weiterhin mit surrealistischen Künstlern ausstellt.
Das Jahr 1928, das Jahr unseres Bildes, ist Höhe-
ounkt und Wende im Leben Massons.
Abgetrennt vom persönlichen Suchen nach einer
neuen Bildform, die im « Portrait Georges Auric»
zum Ausdruck kommt, verbindet sich das Bild mit
Tendenzen, die im Surrealismus ganz allgemein
angesprochen werden. Die Collage als Bildform ist
den surrealistischen Malern, herausgewachsen aus
dem Dadaismus, ein wohlvertrautes und selbstver-
ständliches Mittel, Bilder zu machen. Mirö hatte
bereits 1917 Collagen der Dadaisten kennengelernt,
zur Zeit als Picabia in Barcelona lebte. 1919
begegnete er in Paris Picasso und lernte kurz darauf
Tzara und den Dichter Reverdy kennen. 1924 trat er
dem Freundeskreis um Breton, Aragon, Eluard bel.
Er steht Arp nahe und Max Ernst. Die embryonalen
«imaginären Portraits» verraten auch diese Freund-
schaft.
Freundschaft verband Mirö auch mit Andre
Masson. Sie waren seit 1920 Nachbarn, nämlich
seit dem Augenblick, da Mirö in die rue Blomet zog.
Dass beide Maler Freunde wurden, erklärt sich wohl
auch durch ihre geistige Verwandtschaft, die In
ihrem malerischen Werk — unbeeinflusst von-
ainander — zum Ausdruck kommt.
Masson ist vielleicht der treueste Freund der Dichter
Jewesen, die sich um Andre Breton als Zentrum
versammelten. Was die Dichter, vor allen anderen
Breton, von der Literatur forderten, nämlich die
« Ecriture automatique», das heisst die aus dem Erika Billeter
Unterbewusstsein diktierte, spontane Nieder-
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