Nach dieser Ausstellung, deren ausführlicher Katalog
leider bereits vergriffen ist, folgten nebeneinander
zwei Veranstaltungen: «Ferdinand Hodler und
Valentine Gode-Darel» sowie «Lucio Fontana». Ohne
zu übertreiben, darf gesagt werden, dass die Aus-
stellung, die die Liebe zwischen Ferdinand Hodler
und Valentine Gode-Darel sowie das qualvolle
Sterben der Geliebten schilderte, zu den er-
schütterndsten, je in Zürich — und auch anderswo! —
gezeigten Ausstellungen gehörte. Dass wir diese
Ausstellung durchführen konnten, verdankten wir
in erster Linie Herrn Jura Brüschweiler, der In
äusserst gewissenhafter und kenntnisreicher Vor-
arbeit eine Werkgruppe innerhalb von Hodlers
Gesamtschaffen zusammenstellte, von deren
Reichhaltigkeit man sich zuvor keine rechte Vor-
stellung machen konnte. Die Reaktion der zahl-
reichen Besucher vor dem gewaltsamen Ausbruch
des Leidens und dem langsamen und qualvollen
Herannahen des Todes war tiefe Ergriffenheit;
<aum Je hat wohl eine Ausstellung über das Erlebnis
einer grossartigen Kunst hinaus das gesamte
menschliche Empfinden so stark beeindruckt.
Neben einer solchen Veranstaltung hatte es die
Ausstellung «Lucio Fontana» etwas schwer, sich zu
behaupten. Dass wir diese beiden Ausstellungen
gleichzeitig durchführten, beruhte auf der Über-
egung, es würden zwei verschiedene Besucher-
gruppen angesprochen, und jede Gruppe würde
dann einen Blick in diejenige Ausstellung werfen,
für die sie primär nicht gekommen war. Leider ist die
Rechnung nicht aufgegangen, die Ausstrahlung der
Hodler-Ausstellung war ganz einfach zu stark.
Dabei war die Auswahl der Werke von Lucio Fontana
von grosser Geschlossenheit; es war bewusst keine
Retrospektive angestrebt, die auch einige eher
problematische Entwicklungen des Künstlers hätte
aufzeigen müssen.
Nicht ganz den Erwartungen entsprochen hat auch
die Reaktion auf die Juni-Festwochen-Ausstellung
«Far West». Der relativ schwache Besucherstrom
mag auf das selbst für die Sommermonate ausser-
gewöhnlich heisse Wetter des letzten Jahres
zurückzuführen sein, aber auch am Titel der Ver-
anstaltung gelegen haben, der möglicherweise in
seiner englischen Fassung zuwenig verständlich
war. Dabei gewährte das Ausstellungsgut eine ein-
drückliche Sicht auf die kulturhistorische Situation
des amerikanischen Westens im 19. Jahrhundert, als
einerseits die Indianer und ihr kulturelles Erbe immer
stärker zurückgedrängt wurden und andererseits
die weissen Siedler mehr oder weniger degenerierte
Formempfindungen, die letztlich dem Alten Kon-
tinent verpflichtet sind, importierten und eine eigene
Siedlerkunst entwickelten. Mit einer ästhetisierenden
Betrachtungsweise war der Ausstellung nicht bei-
zukommen; was sie interessant und aktuell machte,
war, dass sie ein wirklichkeitsnahes Bild einer
kulturellen Grenzsituation gab, die dank wirtschaft-
lichem Aufschwung innert kürzester Zeit ins
industrielle Zeitalter überführt wurde, das sich in
seinen Anfängen in merkwürdig bombastischen
Formen kundtat. (Die Ausstellung wurde in Europa
in Den Haag, Zürich. Essen und Wien gezeigt.)
Ein sehr gutes Echo bei Presse und Publikum fand
die vom Künstler selbst konzipierte und gestaltete
Ausstellung «Richard P. Lohse». Es konnte nicht nur
der Entwicklungsprozess der beiden dominierenden
Gestaltungsprinzipien des Künstlers, des modularen
und seriellen Bildaufbaus, studiert werden, die ganze
Veranstaltung war darüber hinaus von einer serenen
Festlichkeit, die zweifellos das Resultat der kon-
zentrierten und sehr durchdachten Präsentation war.
(Diese Ausstellung wurde jeweils in etwas verän-
derter Form In Düsseldorf, Graz, Zürich und Bochum
präsentiert.)
In vermehrtem Masse wiederum ins Kreuzfeuer der‘
Kritik geriet die Ausstellung «Zeichnung heute». Der
Kern der Ausstellung wurde vom Museum of
Modern Art in New York übernommen. Angegaliedert
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