Volltext: Jahresbericht 1976 (1976)

Nach dieser Ausstellung, deren ausführlicher Katalog 
leider bereits vergriffen ist, folgten nebeneinander 
zwei Veranstaltungen: «Ferdinand Hodler und 
Valentine Gode-Darel» sowie «Lucio Fontana». Ohne 
zu übertreiben, darf gesagt werden, dass die Aus- 
stellung, die die Liebe zwischen Ferdinand Hodler 
und Valentine Gode-Darel sowie das qualvolle 
Sterben der Geliebten schilderte, zu den er- 
schütterndsten, je in Zürich — und auch anderswo! — 
gezeigten Ausstellungen gehörte. Dass wir diese 
Ausstellung durchführen konnten, verdankten wir 
in erster Linie Herrn Jura Brüschweiler, der In 
äusserst gewissenhafter und kenntnisreicher Vor- 
arbeit eine Werkgruppe innerhalb von Hodlers 
Gesamtschaffen zusammenstellte, von deren 
Reichhaltigkeit man sich zuvor keine rechte Vor- 
stellung machen konnte. Die Reaktion der zahl- 
reichen Besucher vor dem gewaltsamen Ausbruch 
des Leidens und dem langsamen und qualvollen 
Herannahen des Todes war tiefe Ergriffenheit; 
<aum Je hat wohl eine Ausstellung über das Erlebnis 
einer grossartigen Kunst hinaus das gesamte 
menschliche Empfinden so stark beeindruckt. 
Neben einer solchen Veranstaltung hatte es die 
Ausstellung «Lucio Fontana» etwas schwer, sich zu 
behaupten. Dass wir diese beiden Ausstellungen 
gleichzeitig durchführten, beruhte auf der Über- 
egung, es würden zwei verschiedene Besucher- 
gruppen angesprochen, und jede Gruppe würde 
dann einen Blick in diejenige Ausstellung werfen, 
für die sie primär nicht gekommen war. Leider ist die 
Rechnung nicht aufgegangen, die Ausstrahlung der 
Hodler-Ausstellung war ganz einfach zu stark. 
Dabei war die Auswahl der Werke von Lucio Fontana 
von grosser Geschlossenheit; es war bewusst keine 
Retrospektive angestrebt, die auch einige eher 
problematische Entwicklungen des Künstlers hätte 
aufzeigen müssen. 
Nicht ganz den Erwartungen entsprochen hat auch 
die Reaktion auf die Juni-Festwochen-Ausstellung 
«Far West». Der relativ schwache Besucherstrom 
mag auf das selbst für die Sommermonate ausser- 
gewöhnlich heisse Wetter des letzten Jahres 
zurückzuführen sein, aber auch am Titel der Ver- 
anstaltung gelegen haben, der möglicherweise in 
seiner englischen Fassung zuwenig verständlich 
war. Dabei gewährte das Ausstellungsgut eine ein- 
drückliche Sicht auf die kulturhistorische Situation 
des amerikanischen Westens im 19. Jahrhundert, als 
einerseits die Indianer und ihr kulturelles Erbe immer 
stärker zurückgedrängt wurden und andererseits 
die weissen Siedler mehr oder weniger degenerierte 
Formempfindungen, die letztlich dem Alten Kon- 
tinent verpflichtet sind, importierten und eine eigene 
Siedlerkunst entwickelten. Mit einer ästhetisierenden 
Betrachtungsweise war der Ausstellung nicht bei- 
zukommen; was sie interessant und aktuell machte, 
war, dass sie ein wirklichkeitsnahes Bild einer 
kulturellen Grenzsituation gab, die dank wirtschaft- 
lichem Aufschwung innert kürzester Zeit ins 
industrielle Zeitalter überführt wurde, das sich in 
seinen Anfängen in merkwürdig bombastischen 
Formen kundtat. (Die Ausstellung wurde in Europa 
in Den Haag, Zürich. Essen und Wien gezeigt.) 
Ein sehr gutes Echo bei Presse und Publikum fand 
die vom Künstler selbst konzipierte und gestaltete 
Ausstellung «Richard P. Lohse». Es konnte nicht nur 
der Entwicklungsprozess der beiden dominierenden 
Gestaltungsprinzipien des Künstlers, des modularen 
und seriellen Bildaufbaus, studiert werden, die ganze 
Veranstaltung war darüber hinaus von einer serenen 
Festlichkeit, die zweifellos das Resultat der kon- 
zentrierten und sehr durchdachten Präsentation war. 
(Diese Ausstellung wurde jeweils in etwas verän- 
derter Form In Düsseldorf, Graz, Zürich und Bochum 
präsentiert.) 
In vermehrtem Masse wiederum ins Kreuzfeuer der‘ 
Kritik geriet die Ausstellung «Zeichnung heute». Der 
Kern der Ausstellung wurde vom Museum of 
Modern Art in New York übernommen. Angegaliedert 
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