Herbert List (1903-1975) kam vergleichsweise spät,
arst um die Mitte der vierziger Jahre, zur Porträt-
photographie und betrieb sie in der Folge als
reine Liebhaberei. Seine Bildnisse entstanden immer
nur dann, wenn eine Persönlichkeit ihn besonders
stark beeindruckte. Dass es sich dabei zur Haupt-
sache um Maler, Bildhauer, Schriftsteller, Musiker,
Mimen handelte, war kein Zufall. Die Physiognomie
des schöpferischen Menschen reizte List zur
Gestaltung; seine Modelle aber erkannten die
musische Begabung des Photographen instinktiv
und gingen mit seltener Bereitwilligkeit auf seine
Absichten ein. Das Ergebnis dieser Komplizität sind
Bilder von grosser Eindrücklichkeit und hohem
dokumentarischem Wert.
Erstmals wurde in einer Ausstellung die wichtigste
Periode von Walter Bosshards (1892-1975)
photographischem Schaffen vorgestellt: die
Expeditionsteilnahmen und Asienreportagen
zwischen 1927 und 1939. Walter Bosshard war ein
Photograph, dessen Weg über ethnographisch-
geographische Anfänge zur politischen Reportage
führte, wo er sich als zwar distanzierter, aber immer
informierter Beobachter zeigte. Diese Talentvielfalt
machte den passionierten Weltreisenden Bosshard
zu einem Pionier der modernen journalistischen
Berichterstattung. Erst die Durchsicht seines
Archivs, mit dem die « Stiftung für die Photographie»
eine wichtige Aufgabe erfüllen konnte, ermöglichte
diesen lebendigen Querschnitt durch eine Epoche
asiatischer Geschichte.
Ausstellungen im Helmhaus
Das Helmhaus stand uns im Berichtsjahr für dre!
Termine zur Verfügung. Die Retrospektive des In
der Schweiz leider zu wenig beachteten Malers
Karl Ballmer fiel zeitlich mit der Ausstellung
«Deutschland 1930-1939, Verbot — Anpassung —
Exil» zusammen. Diese Gleichzeitigkeit schien uns
besonders sinnvoll, gehörte doch Karl Ballmer als
Schweizer Künstler, der von 1922 bis 1938 in
Hamburg lebte und Mitglied der dortigen Sezessior
war, zu den von den Nationalsozialisten verfolgter
Künstlern; aber auch nach seiner Rückkehr in die
Schweiz blieb Ihm Anerkennung versagt. Er liess
sich in Lamone im Tessin nieder und führte bis zu
seinem Tode 1958 das Leben eines Einsitedlers.
Den grossformatigen, oft monochromen Bildern
von Werner Frei galt die zweite Helmhaus-
Ausstellung. Der 1907 geborene Künstler wandte
sich nach figurativen Anfängen einer malerischen
Abstraktion zu. Werner Freis Bilder sind Farb-
räume, die ihre Ausstrahlung durch sparsam
gesetzte, formale Akzente erhalten.
Die Ausstellung « Martin Disteli ... und fluchend
steht das Volk vor seinen Bildern» konnte vom
Kunstmuseum Olten übernommen werden. Die seh
durchdachte und klug gegliederte Ausstellung
wurde von einem Studententeam der Universität
Zürich vorbereitet.
FR
Der 1925 in Genf geborene Jean Mohr ist seit
mehr als zwanzig Jahren mit der Kamera in allen
Erdteilen unterwegs. Sein Anliegen ist das mensch-
liche Dokument. Durch die Malerei und nach einem
Studium der Nationalökonomie zur Photographie
gekommen, versucht Jean Mohr Zustände und
Beobachtungen in Bildern festzuhalten, die dank
seiner eigenen Integrität einen besonderen Wert
erhalten.
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