Full text: Jahresbericht 1977 (1977)

Hinweis 
auf einige Neuerwerbungen 
gestellt ist in diesen drei Leningrad-Bildern der 
Blick über die Newa auf das gegenüberliegende 
Ufer. Während bei den Bildern «La Neva, Brume 
legere»3 und «La cathedrale de Petropaviovsk»* 
die topographische Situation einfach zu erkennen 
ist — es handelt sich um den Blick vom Ufer der 
Ermitage (möglicherweise auch vom Puschkinplatz 
aus) auf die gegenüberliegende Peter-Paul- 
Festung, deren Silhouette von links nach rechts 
durch den nadelartig aufragenden Turm und die 
Kuppel über dem Chor der Kathedrale sowie durch 
die Kuppel der Totengruft dominiert wird — so 
tauchen beim Bild «La N&va gelee» grössere Pro- 
bleme in der örtlichen Fixierung auf. Auch In die- 
sem Bild wird die Silhouette von einer Kuppel und 
einem spitzen Turm beherrscht. Gegen die An- 
nahme, dass auch hier die Kathedrale der Peter- 
Paul-Festung dargestellt ist, spricht jedoch die Tat- 
sache, dass die Kuppel den Turm beinahe überragt. 
was der Wirklichkeit keineswegs entspricht. Wahr- 
scheinlicher scheint mir die Vermutung, dass das 
Bild des Kunsthauses die Ansicht von der Festung 
auf die Stadt wiedergibt, wobei die Kuppel in 
diesem Fall als Isaaks-Kathedrale und die Nadel- 
spitze als Mittelakzent der Admiralität zu deuten 
wären. Weiter rechts im Bilde würde die Strelka 
(der Puschkinplatz) mit den beiden 30 m hohen 
Rostren-Säulen folgen, die das klassizistische 
Gebäude der Börse rahmen. Es sei Jedoch nicht 
verschwiegen, dass sich der Schreibende bei diesel 
Deutung nicht ganz wohl fühlt, denn es bleiben 
mehrere Fragen offen — Fragen, die möglicherweise 
nur an Ort und Stelle geklärt werden können. In 
diesen Zusammenhang des motivisch schwierig 
zu Klärenden gehört auch die Tatsache, dass der 
weisse Vordergrund — offenbar die verschneilte uno 
vereiste Newa — die in der rechten Bildhälfte er- 
kennbaren Brücken beinahe versinken lässt. 
2 BILDER VON FELIX VALLOTTON 
1913 reiste Felix Vallotton nach Russland, da er 
einem in St. Petersburg ansässigen Kaufmann 
schweizerischer Herkunft durch seinen Bruder 
Paul als Porträtist empfohlen worden war. Dem 
Russlandaufenthalt, der im Frühling stattfand, 
folgte im Sommer desselben Jahres eine Italien- 
reise, die den Künstler nach Perugia und Rom 
führte. Dieses Reisejahr nimmt in Vallottons Bio- 
graphie eine einzigartige Stellung ein, denn dieser 
Künstler war alles andere als ein Reisemaler. Die 
zahlreichen Landschaftsbilder, die in den vierzig 
Jahren seiner künstlerischen Tätigkeit entstanden 
sind, kreisen immer wieder um dieselben Örtlich-. 
keiten: Vor allem Honfleur und benachbarte Orte in 
der Normandie, wo Vallotton seit dem Beginn des 
Jahrhunderts regelmässig die Sommermonate ver- 
bringt, gegen das Ende des Lebens in vermehrtem 
Masse auch Südfrankreich und das Loiretal liegen 
neben Pariser Stadtansichten dem weitaus grössten 
Teil des Landschaftswerkes zugrunde. Zahlen- 
mässig ist die malerische Ausbeute der Russland- 
reise eher bescheiden. Das « Livre de Raison' », das 
von Vallotton eigenhändig geführte Werkverzeich- 
nis (Liste de mes ceuvres, peintures et gravures, 
faite dans l’ordre chronologique, ä partir de 1885), 
verzeichnet sechs Bilder im Zusammenhang mit der 
Russlandreise: fünf Städteansichten und ein Por- 
trät2. Unter den Stadtlandschaften gehören, von Alle diese Momente weisen darauf hin, dass es 
der Motivwahl und der Stimmung her betrachtet, Vallotton offensichtlich nicht um topographische 
deren drei in einen engeren Zusammenhang. Dar- Genauigkeit gegangen ist. Zu dieser Feststellung 
"—
	        
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