die bewegliche Skulptur bereits In den zwanziger
Jahren erfunden. Naum Gabo, Moholy-Nagy,
Tatlin sind die Pioniere dieser neuen Maschinen-
kunst gewesen. Aber gerade im Gegensatz dazu
muss man Calders Mobiles sehen. Er liess die
Gebilde aus sich selbst heraus schwingen. Sie
sind durch und durch unmechanisch, eigentliche
«Anti-Maschinen», die in einer freien, rhythmischen
Bewegung im Einklang mit der Natur stehen, ob-
wohl sie nicht die Natur imitieren. Bewegung ist
ihr Inhalt, ihre Substanz. «Ein Mobile ...ist eine
Blume, die verwelkt, wenn sie aufhört, sich zu
bewegen, ein reines Spiel der Bewegung in dem
Sinn, wie wir vom reinen Spiel des Lichts
sprechen... Plastik suggeriert Bewegung, Malerei
suggeriert Tiefe oder Licht. Ein Mobile suggeriert
gar nichts: es fängt echte, lebendige Bewegung
ein und formt sie. Mobiles haben keinen tieferen
Sinn. Sie lassen einen an nichts denken als an sie
selber. Sie sind so, das ist alles. Sie sind etwas
Absolutes. Es umgibt sie mehr Unvorhersehbares
als irgendeine andere menschliche Schöpfung.
Kein menschliches Gehirn, nicht einmal das ihres
Schöpfers, vermag all die komplexen Kombina-
tionen vorherzusehen, deren sie fähig sind. Eine
allgemeine Bestimmung zur Bewegung Ist ihnen
vorgezeichnet, und dann bleibt es ihnen überlassen,
sie allein auszuarbeiten. Was sie in einem bestimm-
ten Augenblick tun mögen, wird bestimmt von der
Tageszeit, der Sonne, der Temperatur oder dem
Winde ...» Das schrieb Sartre 1947 anlässlich einer
Ausstellung der Mobiles in der Galerie Buchholz.
Treffender lässt sich ihr Erscheinungsbild nicht
wiedergeben. An diesem Werk hat Poesie einen
grossen Anteil. Schon 1939 beschrieb der ameri-
kanische Kunsthistoriker Sweeney die Mobiles als
«Romantik und Gefühl». Das Spielerisch-Heitere
hat ihnen von Anfang an die Zuneigung von
Kunstkennern und -sammlern gesichert. Kunst-
a N baden üben nn * Interaction of Color, Yale University Press New Haven
und London 1963. Deutsche Ausgabe: Verlag Josef Keller
Arbeiten an Mirö — und den Farbkombinationen Starnberg,
Mondrians anzusiedeln. Gefiltert aber ist gerade
dieser Einfluss durch eine bewusst amerikanische
Komponente, die sich im spielerischen Moment
dieser Konstruktionen vielleicht am besten darstellt
Calder galt immer als der «Amerikaner In Paris»,
der der europäischen Kunst eine amerikanische
Note verlieh. Und sein Erfolg — er bahnte sich
bereits 1933 mit seinen ersten Ausstellungen an
umfasste von Anfang an Europa und Amerika.
Calder, Einleitung von H. Havard Arnason
mit Kommentaren von Alexander Calder
Ed. Praeger, 1971
Erika Billete'
Seit 1949 arbeitete Josef Albers an der Reihe der
Quadratbilder. Bis in seine letzten Lebensjahre
äusserte er im Gespräch mit dem ungebrochenen
Feuer malerischer Leidenschaft, dass die Auseinan
dersetzung mit der Farbe für ihn nie zu einem Ende
kommen könne. Jeden Tag, wenn er in sein Atelie'
gehe, mache er Entdeckungen über die «Inter-
action of color». So nannte er die umfangreiche
Publikation, die 1963 * erschienen ist und die
Studien von ihm und von seinen Schülern enthält
Keine Theorie sollte es sein, sondern Demonstration
der Wirkungsweise von Farbe zu Farbe, aus
experimenteller Beobachtung gewonnen. Die Qua:
dratbilder, die zunächst «Huldigung an das
Quadrat» hiessen, taufte er später um in « Huldiguna
an die Farbe».
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