(Car Crash, Most Wanted Men, Electric Chair u.a.).
Dadurch dass Warhol Blumen und Tod in der
gleichen unbeteiligten Weise darstellt, überlässt er
Einfühlung und Interpretation dem Betrachter. Es
erstaunt in diesem Sinne nicht, dass die Ausstellung
vehement diskutiert wurde. Die Pop-Kunst, deren
konsequentester Vertreter Andy Warhol unserer
Meinung nach ist, wirkt — obwohl bereits auch eine
historische Richtung und in zahlreichen Publika-
tionen theoretisch und ideologisch erfasst — offen-
sichtlich noch heute kontrovers. In stark reduzierter
Form wurde die Ausstellung anschliessend In der
Louisiana in Humlebaek (Dänemark) gezeigt.
Die Doppelausstellung «Max Ernst — Frottagen,
Collagen, Graphik, Bücher» und « Surrealismus aus
der Sammlung The Museum of Modern Art New
York» leitete die Aufmerksamkeit des Betrachters
etwas weiter in die Vergangenheit zurück. Es war
der Sinn dieser Doppelveranstaltung, das Phänomer
«Surrealismus» anhand des Schaffens eines ein-
zelnen Künstlers und anhand eines Überblicks über
die gesamte Bewegung zur Darstellung zu bringen.
Mehr noch als die Gemälde lassen die Arbeiten auf
Papier Max Ernsts Schaffensvorgang erkennen,
seine kombinatorische Erfindungsgabe, seine un-
erschöpfliche Phantasie, vorgegebene Motive völlig
neuen Deutungen zuzuführen.
Die Surrealisten-Sammlung des Museum of Modern
Art konnte in Zürich gezeigt werden, weil das
Kunsthaus im Winter 1976/77 mit wichtigen
Leihgaben an der Ausstellung «European Master
Paintings from Swiss Collections» im Museum of
Modern Art teilgenommen hatte. Der Surrealismus
ist im New Yorker Museum sicher nicht nur deshalb
besonders reichhaltig vertreten, weil das Grün-
dungsjahr 1929 eben in die «surrealistische Zeit»
fällt, sondern auch weil sein erster Direktor, Alfred
H. Barr, sich in besonderem Masse für den Sur-
realismus eingesetzt hat. Die Ausstellung wurde
auch von Wien, Düsseldorf, Brüssel, Hovikodden
(Norwegen) und Humlebaek (Dänemark) über-
nommen.
Einen neuen Höhepunkt im Ausstellungskalender
brachte die Ausstellung Monte Veritä, die In lang-
jähriger Vorbereitungszeit von Dr. Harald Szeemanı
gestaltet wurde. Nachdem in und um Ascona im
Laufe des Sommers die Ausstellung in Verbindung
mit der umgebenden Landschaft und vor allem in
unmittelbarer Zwiesprache mit dem Berg gezeigt
worden war, ging es darum, In Zürich die Aus-
stellung den veränderten, das heisst vor allem der
neutralen räumlichen Bedingungen anzupassen.
Das sehr vielgliedrige Material wurde neu geordnet
um — wie Harald Szeemann selbst sagt — die lokale
Anthropologie als Beitrag zur Wiederentdeckung
einer sakralen Topographie zu visualisieren. Die
Ausstellung nahm einen geographisch bekannten
Ort zum Ausgangspunkt ihrer Untersuchungen übe‘
die dort, auf dem Hügel von Ascona und in seinem
Umkreis, entwickelten Utopien und vorgelebten
Lebensentwürfe. Ascona und die Gegend am oberr
Lago Maggiore wurden bis 1900 von Einwan-
derern aus dem Norden, Zivilisationsflüchtigen,
Weltverbesserern zur Gegenwelt, zu einem als
problemlos angesehenen Süden gemacht. Gegen:
welt zur Urbanisierung, Industrialisierung, Techn!
sierung, zum unvermeidbar scheinenden gewalt-
samen Konflikt zwischen Kapitalismus und einer
erstarkenden Arbeiterbewegung. Von Petersburg
bis London, von Malm6 bis Graz trafen sich bis
1914 in genau unterscheidbaren Gruppierungen In
zeitlichen Nacheinander, von da an als Simultan-
phänomen in Ascona die in Emil Szittyas Unter-
titel seines Buches «Das Kurlositäten-Kabinett»
(1923) genannten Individuen: « Begegnungen mil
seltsamen Begebenheiten, Landstreichern, Ver-
brechern, Artisten, religiös Wahnsinnigen, sexueller
Merkwürdigkeiten, Sozialdemokraten, Syndikalisten
Kommunisten, Anarchisten, Politikern und Künst
ern», vermehrt um die Theosophen, die Lebens-
reformer, die Freudianer, die Psychologen, die
0