Hinweis
auf einige Neuerwerbungen
CUNO AMIET «LIEGENDE BRETONIN» UND
GIOVANNI GIACOMETTI «WINTER IN MALOJA»
Die Vereinigung Zürcher Kunstfreunde hat diese
beiden Bilder aus dem Besitz der Familie von
Giovanni Glacometti erwerben können. Dies ist kein
Zufall. Beide Künstler waren miteinander be-
freundet, das Bild «Liegende Bretonin» hat Cuno
Amiet 1900 seinem Freund zu dessen Vermählung
geschenkt (siehe die Widmung am unteren
Bildrand: «meinem lieben Giovanni»). Die Lebens-
daten der beiden Künstler weisen in den
früheren Jahren erstaunliche Parallelen auf. Beide
sind im März 1868 geboren, beide malen, noch
bevor sie sich treffen, 1883 ihr erstes Selbstbildnis.
1887 lernen sie sich in München kennen; 1888
sind sie an der internationalen Kunstausstellung in
München vor allem vom Franzosensaal beeindruckt,
worauf sie beschliessen, ihr Studium in Paris fort-
zusetzen. Im Oktober desselben Jahres ziehen sie
zusammen dorthin und richten sich in zwei Zimmern
ain, von denen ein Raum als Schlafzimmer, der
andere als Atelier dient. Die Jahre bis 1891 ver-
bringen sie jeweils im Winter zusammen in Paris,
während des Sommers kehren sie zu ihren Familien
zurück, wobei sie sich gegenseitig in Stampa und
Solothurn besuchen. 1892 kehrt Amiet im Frühjahr
allein nach Paris zurück; Geldschwierigkeiten ver-
unmöglichen Giovanni Giacometti einen neuerlichen
Aufenthalt in der französischen Metropole. Die
Trennung der beiden in den folgenden Jahren ist
für die Entwicklung der schweizerischen Malerei
zu Beginn des 20. Jahrhunderts von entscheidender
Bedeutung. Cuno Amiet hält sich 1892/93 in
Pont-Aven auf, Giovanni Giacometti verbringt 1893
ein Jahr In Italien und lernt 1894 in Maloja
Giovanni Segantini kennen. Pont-Aven und Segan-
tin! sind die Stichworte, die die zwei Künstler
zutiefst formen, wobei sie ihre neuen Erfahrungen
bei gegenseitigen Besuchen austauschen.
Über seinen Aufenthalt in Pont-Aven schrieb Amiet
1946 in der « Neuen Schweizer Rundschau», Heft 4:
«Als Ich im vierten Pariser Studienjahr, da es so gar
nicht mit mir vorwärtsgehen wollte, verloren durch
die Strassen lungerte, gab mir der Ungar Poll den
Rat: Geh du zu Mariejeanne nach Pont-Aven.
Was das eine, was das andre war, ich wusste es
nicht, doch fuhr ich hin.
Die Post hielt vor der Pension Gloanec. Da war die
Mutter Mariejeanne, ein Gläschen in der Hand;
Jber die Brille prüft sie mich, der Mund geht in die
Breite, das Bäuchlein wackelt; ich bin aufgenom-
men, und ich fühle mich daheim.
Die muntere Marie und die junge Rosine führen
mich ins Zimmer nebenan; Wein, gedeckte Tische,
offene Fenster, dicht mit Rosen behangen. — Wie
die Augen sich ans Dämmerlicht gewöhnen, ge-
wahre ich die mit Bildern vollbesetzen Wände.
Landschaften, blau konturierte Häuser, Bäume,
Strassen, ausgefüllt mit bunten Farben, Figuren,
ungewohnt in Form und Bewegung.
Ganz unbekannte Namen: Bernard, Laval, Schuffen-
ecker, Moret. Aber ein Bild fiel mir besonders auf:
Kirschen in einer Schale auf weissem Tischtuch,
bezeichnet mit P. GO. Ganz einfach, gar nichts
Forciertes, wunderbar klar und hell, naturnah, gar
nicht auf Licht und Schatten, leuchtende Farben in
kleinen Flächen und Strichen einfach hingelegt. —
Ich war ganz bewegt, war ganz verzaubert. P. GO,
das hiess, erfuhr ich später, Pau/ Gauguin. Und da
ich mich sonst umschaue in dem hellen Dämmer-
licht, bemerke ich auf dem Buffet ein Röllchen und