ainige Künstler noch nicht ihrer Bedeutung ent-
sprechend vertreten. Dies trifft insbesondere zu für
Hans Arp, von dem das Kunsthaus noch keines
seiner bahnbrechenden frühen Reliefs besitzt; aber
auch die Werkgruppen von Max Ernst und Kurt
Schwitters sollten nach Möglichkeit in Zukunft erwei-
tert werden können. Dagegen ist mit «Cure-dents)>
der unermüdliche Protagonist des Dada-Geistes,
Francis Picabia, der, zwischen den einzelnen Zentren
1in- und herpendelnd, an beinahe allen Orten be-
fruchtende Ideen hinterlassen hat, glänzend vertreten.
«Cure-dents) gehört zu den überaus seltenen Mate-
rialbildern des Künstlers, und es darf sowohl im
Sinne Dadas als auch im Sinne der allgemeinen, die
ästhetischen Prinzipien des 20. Jahrhunderts berück-
sichtigenden Betrachtungsweise als sein vollkom-
menstes Collagebild bezeichnet werden.
Auch die Originalmaquette «Monte Carlo Bond» von
Marcel Duchamp ist ein Rarissimum ersten Ranges;
es ist überaus bedauerlich, dass das Schaffen dieses
an vorderster Front der Innovatoren der zeitgenÖös-
sischen Ästhetik stehenden Künstlers in den Samm-
lungen der schweizerischen Museen kaum vertreten
ist. Der Erwerb dieser Collage ist daher nicht nur für
das Kunsthaus, sondern darüber hinaus für unser
ganzes Land bedeutungsvoll. Es würde zu weit führen,
innerhalb dieses Jahresberichts auf sämtliche Neu-
erwerbungen hinzuweisen. Dies nicht nur deshalb,
weil nur eine kleine Auswahl von Werken hier abge-
bildet werden kann, sondern auch, weil, wie im
Kapitel «Sammlung» dieses Jahresberichts ausgeführt,
der gesamte Bestand in Kürze in einer Publikation
zur Darstellung kommen soll; denn erst der Überblick
über die beziehungsreichen und vielschichtigen
Verästelungen, die vor allem durch die Dokumente
aufgezeigt werden können, wird es ermöglichen, sich
über die Bedeutung von Dada Klarheit zu verschaffen.
Felix Baumann
RUDOLF BELLING, SKULPTUR 23, 1923
Rudolf Belling, 1886 in Berlin geboren und 1972 in
München gestorben, ist Zeitgenosse von Naum Gabe
Archipenko, Constantin Brancusi - jener Bildhauer-
generation also, der der Durchbruch zur ungegen-
ständlichen Plastik gelingt. Unter den deutschen Bild
hauern ist er einer der ersten, die zu einer abstrakter
Formensprache finden. 1918 entsteht seine Plastik
«Dreiklang», eine Gruppe von drei Tänzern, die auf
einen abstrakten Formenrhythmus reduziert ist. Der
Einfluss von Alexander Archipenko ist offensicht-
lich.
Es ist für Bellings künstlerische Entwicklung aus-
schlaggebend, dass er in Berlin lebt. 1920 kommt
Moholy-Nagy nach Berlin, 1922 Naum Gabo.
Archipenko leitete hier von 1921 bis 1923 seine eigene
Bildhauerschule. Es konnte gar nicht anders sein,
als dass der bereits zur deutschen Avantgarde zäh-
lende Rudolf Belling in diesem künstlerischen
Bildhauerklima Impulse bekommen musste. Moholy
Nagy stellte 1922 in der Galerie «Der Sturm)» aus.
Belling konnte sich hier an einem ihm bis dahin unge
wohnten konstruktivistischen Formenkanon orientie
ren. Im gleichen Jahr beginnt er den Goldstein-
Brunnen zu entwerfen, der ein Jahr später fertig-
gestellt wird: eine Konstruktion aus Beton und
Bronzespiralen, die sein Interesse an der Auseinan
dersetzung mit dem Konstruktivismus belegt.
(Skulptur 23) setzt diese Bemühungen um ein tekto
nisches Gefüge der plastischen Gestaltung fort
und wird nicht nur im Werke Bellings ein Hauptwerk
sondern eines der Hauptwerke der konstruktivi-
stischen Plastik. Eine Entwurfszeichnung (in Privat:
besitz) geht der Ausführung voraus. Sie umreisst
bereits die entscheidenden formalen Aspekte des
Kopfes. Die Plastik baut sich aus Metallschalen auf
die von einer halbkreisförmigen Schädelkalotte
überfangen wird. In einem Gestänge von Drähten
sitzt ein Kugelauge. Nase und Mund werden durch
rechteckige Platten markiert. Der sockelartige
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