Volltext: Jahresbericht 1980 (1980)

ainige Künstler noch nicht ihrer Bedeutung ent- 
sprechend vertreten. Dies trifft insbesondere zu für 
Hans Arp, von dem das Kunsthaus noch keines 
seiner bahnbrechenden frühen Reliefs besitzt; aber 
auch die Werkgruppen von Max Ernst und Kurt 
Schwitters sollten nach Möglichkeit in Zukunft erwei- 
tert werden können. Dagegen ist mit «Cure-dents)> 
der unermüdliche Protagonist des Dada-Geistes, 
Francis Picabia, der, zwischen den einzelnen Zentren 
1in- und herpendelnd, an beinahe allen Orten be- 
fruchtende Ideen hinterlassen hat, glänzend vertreten. 
«Cure-dents) gehört zu den überaus seltenen Mate- 
rialbildern des Künstlers, und es darf sowohl im 
Sinne Dadas als auch im Sinne der allgemeinen, die 
ästhetischen Prinzipien des 20. Jahrhunderts berück- 
sichtigenden Betrachtungsweise als sein vollkom- 
menstes Collagebild bezeichnet werden. 
Auch die Originalmaquette «Monte Carlo Bond» von 
Marcel Duchamp ist ein Rarissimum ersten Ranges; 
es ist überaus bedauerlich, dass das Schaffen dieses 
an vorderster Front der Innovatoren der zeitgenÖös- 
sischen Ästhetik stehenden Künstlers in den Samm- 
lungen der schweizerischen Museen kaum vertreten 
ist. Der Erwerb dieser Collage ist daher nicht nur für 
das Kunsthaus, sondern darüber hinaus für unser 
ganzes Land bedeutungsvoll. Es würde zu weit führen, 
innerhalb dieses Jahresberichts auf sämtliche Neu- 
erwerbungen hinzuweisen. Dies nicht nur deshalb, 
weil nur eine kleine Auswahl von Werken hier abge- 
bildet werden kann, sondern auch, weil, wie im 
Kapitel «Sammlung» dieses Jahresberichts ausgeführt, 
der gesamte Bestand in Kürze in einer Publikation 
zur Darstellung kommen soll; denn erst der Überblick 
über die beziehungsreichen und vielschichtigen 
Verästelungen, die vor allem durch die Dokumente 
aufgezeigt werden können, wird es ermöglichen, sich 
über die Bedeutung von Dada Klarheit zu verschaffen. 
Felix Baumann 
RUDOLF BELLING, SKULPTUR 23, 1923 
Rudolf Belling, 1886 in Berlin geboren und 1972 in 
München gestorben, ist Zeitgenosse von Naum Gabe 
Archipenko, Constantin Brancusi - jener Bildhauer- 
generation also, der der Durchbruch zur ungegen- 
ständlichen Plastik gelingt. Unter den deutschen Bild 
hauern ist er einer der ersten, die zu einer abstrakter 
Formensprache finden. 1918 entsteht seine Plastik 
«Dreiklang», eine Gruppe von drei Tänzern, die auf 
einen abstrakten Formenrhythmus reduziert ist. Der 
Einfluss von Alexander Archipenko ist offensicht- 
lich. 
Es ist für Bellings künstlerische Entwicklung aus- 
schlaggebend, dass er in Berlin lebt. 1920 kommt 
Moholy-Nagy nach Berlin, 1922 Naum Gabo. 
Archipenko leitete hier von 1921 bis 1923 seine eigene 
Bildhauerschule. Es konnte gar nicht anders sein, 
als dass der bereits zur deutschen Avantgarde zäh- 
lende Rudolf Belling in diesem künstlerischen 
Bildhauerklima Impulse bekommen musste. Moholy 
Nagy stellte 1922 in der Galerie «Der Sturm)» aus. 
Belling konnte sich hier an einem ihm bis dahin unge 
wohnten konstruktivistischen Formenkanon orientie 
ren. Im gleichen Jahr beginnt er den Goldstein- 
Brunnen zu entwerfen, der ein Jahr später fertig- 
gestellt wird: eine Konstruktion aus Beton und 
Bronzespiralen, die sein Interesse an der Auseinan 
dersetzung mit dem Konstruktivismus belegt. 
(Skulptur 23) setzt diese Bemühungen um ein tekto 
nisches Gefüge der plastischen Gestaltung fort 
und wird nicht nur im Werke Bellings ein Hauptwerk 
sondern eines der Hauptwerke der konstruktivi- 
stischen Plastik. Eine Entwurfszeichnung (in Privat: 
besitz) geht der Ausführung voraus. Sie umreisst 
bereits die entscheidenden formalen Aspekte des 
Kopfes. Die Plastik baut sich aus Metallschalen auf 
die von einer halbkreisförmigen Schädelkalotte 
überfangen wird. In einem Gestänge von Drähten 
sitzt ein Kugelauge. Nase und Mund werden durch 
rechteckige Platten markiert. Der sockelartige 
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