UP Haben Sie zu der Zeit schon angefangen, mit
Ihren Kindern Musik zu machen? Steht das in dem
Zusammenhang?
DR Nein. Das sind nur Zeichnungen, die ich eine
Zeitlang gemacht habe. Zum Beispiel das «Quartett
(Abb. S. 17). Ich habe das Bild eingeteilt in vier Fel-
der. Und jedes dieser Felder wollte ich wieder ein-
teilen in positiv/negativ. Also sagen wir, in einem
Teil sind die Quadrate weiss und schwarz, im
andern sollten sie wieder schwarz und weiss sein,
und sie sollten wieder untereinander unterschieden
werden durch positive und negative Zeichnung
darin. Das Quartett sollte nicht aus vier Leuten be-
stehen, die zusammenspielen, aus vier Elementen,
die zusammenkommen, sondern aus einer Viertei-
lung, in die man immer wieder die Gegensätze
ainteilt, eine Sache in zwei Hälften teilt. Eine
schwarz, eine weiss. Und diese schwarze teilt man
wieder in zwei Hälften, eine mit der Zeichnung
drauf, eine ohne Zeichnung: ebenso die weisse.
Eine Hälfte kann ich wieder von der andern unter-
scheiden, dadurch dass die Zeichnung hier oben
und dort unten ist. Da kann ich die Hälften auch
wieder unterscheiden, indem ich eine zum Beispiel
nochmal halbiere. Dann ist diese ungeteilt, und
diese ist geteilt. Indem man ein Ganzes immer in
der Mitte teilt, kann man zu Vierteln, Achteln,
Sechzehnteln kommen. So ungefähr ist, ganz flüch-
tig gesagt, das Prinzip. Das geht runter bis in die
kleinste Einheit. Beim Zeichnen habe ich immer
Musik, Quartettmusik gehört. Von Mozart und von
Haydn. Und da hab ich gedacht, das klassische
Quartett wird eigentlich immer falsch angeguckt,
indem man glaubt, das ist ein zufälliges Prinzip,
dass man sagt, der 1. Satz ist so, und der 2. Satz ist
so, zum Beispiel langsamer. Im Grunde ist es auch
so eingeteilt. Die durchgeführten Quartette von
Haydn zum Beispiel, die richtigen Quartette, sind
auch so aufgebaut, also ein Thema, eine Durchfüh-
rung, oder Thema und Gegenthema. Das ist schon
mal die Zweiteilung. Und dann wird das Thema oft
noch unterteilt, indem es mal laut und mal leise ge-
spielt wird, oder dann wird es mit verschiedenen In-
strumenten durchgeführt. Es gibt also eigentlich im-
mer eine Ausarbeitung von Gegensätzen.
UP Und das haben Sie dann später auf die Spitze
getrieben, indem Sie das «Fernquartett» gemacht
haben, wo die Gegensätze vollkommen unabhängig
sind.
DR Ja, ich glaube, ich wollte immer zum Quartett
hinkommen. Ich habe Partituren studiert und wollte
eigentlich selber komponieren. Aber dann habe ich
gemerkt, dass das viel zu langweilig ist. Das halte
ich gar nicht aus.
UP Und dann kam Ihnen die Idee, dass man
Quartette ja auch anders spielen kann. Im Grunde
ist doch der Sinn eines Quartetts, dass man zusam-
men spielt.
DR Das glaub ich nicht. Die Idee des Quartetts ist
einfach, dass eine Einheit immer gevierteilt wird. Ob
man’s zusammen oder auseinander spielt, spielt
auch keine Rolle, man kann ja auch auseinander
spielen, wenn’s nicht klappt. Das Romenthal-Quar-
tett, wo ich mit Brus, Nitsch und Rühm gespielt
habe, besteht ja aus vier Leuten, aber die spielen sc
auseinander, dass es kein Zusammenspiel mehr ist,
und trotzdem ist es ein Quartett, weil vier dabei
sind.
UP Und daraus hat sich dann die Idee entwickelt,
dass die vier gar nicht mehr zusammen sein müs-
sen und sie trotzdem ein Quartett spielen können.
Im «Fernquartett) spielt jeder an einem andern Ort,
und erst beim Zusammenkoppeln der vier Tonbän-
der kann man sie als Quartett hören.
DR Ja.
UP Hier sieht man, dass es einen Zusammenhang
zwischen den Büchern und den Graphiken und den
späteren Videobändern und den Tonkassetten gibt,
dass das alles im Grunde zusammengehört.
DR Ja, das stimmt.
UP Diese Vierteilung oder die Einteilung in Gegen-
sätze kehrt im übrigen als Raster in zahlreichen
andern Blättern wieder, auch wenn sie nichts mit
Musik zu tun haben, zum Beispiel <«Afternoon>
(Abb. S.17). Sie sind zum Teil mit ganz unkonventio-
nellen Methoden an die Graphik herangegangen,
ACC