aber Sie haben auch mit traditionellen graphischen
Techniken gearbeitet, zum Beispiel mit den Tief-
drucktechniken Kupferstich, Radierung, Aquatinta
usw. Wo haben Sie das gelernt?
DR Als ich 1965 in Providence an der Rhode
Island School of Design in Nordamerika unterrichtet
habe, da war ein Schweizer, Dadi Wirz, der hat in
der Radierklasse unterrichtet. Zu dem konnte ich
immer samstagmorgens und sonntags hingehen.
Und die Mädchen, die er hatte, waren gut im Druk
ken.
UP Und dann haben Sie die traditionelle Technik
angewandt, zum Beispiel in der Serie «Abgebroche-
nes Frühstücksbrett) (Abb. 17).
DR Ja, das ist alles Kupferstich.
UP Kupferstich ist ja die härteste Methode zum
Bearbeiten einer Platte. Sie haben mir mal gesagt,
dass Sie mit solch einer handwerklich perfekt ge-
arbeiteten Serie praktisch unter Beweis stellen woll-
ten, dass Sie das auch können.
DR Ja, wahrscheinlich war das so.
UP Oder ist es so, dass bestimmte Techniken für
bestimmte Themen wichtig waren?
DR Das kann schon sein. Irgendwelche faulen
Witze kann man schneller machen mit der Ätztech-
nik, wenn man in eine Schicht kratzen und ganz
schnell überzeichnen kann und dann ätzt.
UP In der Serie von 52 Lithographien eine muse)
von 1971-7219 haben Sie die Muse als weibliches
Wesen mit vielen Brüsten dargestellt. Im Laufe der
Bearbeitung des Steins hat sich dieses Wesen, das
wie eine Fruchtbarkeitsgöttin anmutet, immer stär-
ker verändert.
DR Ja, hier sind es die zwei Hoden von einem
Penis, oder so was.
UP Das heisst die Fruchtbarkeit der Frau wandelt
sich in die Fruchtbarkeit des Mannes.
DR Weiss der Teufel.
UP Und beim weiteren Überarbeiten des Steins
wandelt sich das Ganze zu einem Frühstücksbrett.
Das Frühstücksbrett muss für Sie doch eine wich-
tige Bedeutung haben. Es kommt so häufig vor.
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DR Ja, ich hab auch welche machen lassen, so in
dieser Form.
UP Als Objekte?
DR Wir hatten in der Druckerei eine Küche, wo
ich die Bretter hab machen lassen. Dann einen
Fisch drauf gelegt und gekocht.
UP Das Frühstücksbrett ist natürlich auch ein
Penissymbol, wenn man es so darstellt. Und auf der
andern Seite hat es ein Loch. Es könnte also auch
wieder männlich und weiblich sein.
DR Ja, eben, das ist androgyn.
UP In «Abgebrochenes Frühstücksbrett), dieser
grossen Serie, die auch so besonders eindringlich
in der Technik gemacht ist, ist ja das Frühstücks-
brett praktisch die Hauptperson.
DR Ja.
UP Hier durchdringen das Frühstücksbrett...
DR Der Fisch, die Fische. Das Frühstücksbrett ist
also weiblich. Offensichtlich, man kann’s ja hier
richtig sehen.
UP Aber das merken Sie nicht erst jetzt?
DR Ja, mir ist das nicht so bewusst. Ich mache
das einfach, irgendwann, ich guck das auch nicht
länger an, wenn's fertig ist. Aber wenn ich dann
näher hinsehe... Es ist Ja nicht fertig. Abgebrochen
UP Es heisst «Abgebrochenes Frühstücksbrett),
das heisst, dass die Arbeit abgebrochen ist?
DR Ja. Das Brett ist ja auch abgebrochen.
UP Ja, das Brett hat ja auch da ein Loch.
DR Ja, durchbrochen. Hier ist übrigens noch so
ein Brett!! (Abb. S. 18).
UP Aber das ist ja nun wirklich deutlich die Form
einer Frau.
DR Kommt einem so vor, nicht?
UP Ja.
DR Der Tisch, die Tischplatte, und dann das Brett:
chen drauf, der abgeschnittene Salami.
UP Es ist natürlich grausam, dass der Salami ab-
geschnitten ist.
DR Ja. Kastrationsangst, sagt man dann, wenn
man Freudianer ist.
UP Könnte man sagen. Ich glaube, dass bei den
Bildern oder Zeichen, die man macht, viel Unbe-