wirken. Die Ausstellung fasste somit eine Tendenz
zusammen, die in starkem Mass mit den gesell-
schaftlichen Problemen ihrer eigenen Zeit ver-
flochten ist, und liess erkennen, dass diese Künstler
ernsthafte und wesentliche, wenn auch häufig nur
auf komplizierten Wegen nachvollziehbare archa-
ische Weltbilder, eigentliche künstlerische Gegen-
welten anbieten. Die meisten Teilnehmer haben ihre
zum Teil sehr grossen Installationen selber aufge-
baut. Eine «Behausung» von Charles Simonds ist auf
dem Weg zum grossen Ausstellungssaal dem
Kunsthaus als permanente Herausforderung er-
halten geblieben. Die stark diskutierte Ausstellung
war von einem reichen Video-Programm begleitet:
sie ist zu grossen Teilen vom Hamburger Kunst-
verein übernommen worden.
Mit «Fotografie Lateinamerika)» wurde ein in der Ge-
schichte der Fotografie bis anhin noch weitgehend
unerforscht gebliebener Kontinent ausführlich be-
arbeitet und vorgestellt. Aus der aus Archiven und
Privatsammlungen zusammengetragenen riesigen
Materialfülle wurden rund 450 Fotos von Men-
schen, Landschaften und historischen Ereignissen
von 1860 bis heute ausgewählt. In dieser Auswahl
wurden die meisten lateinamerikanischen Länder
mit insgesamt achtzig Autoren berücksichtigt, von
denen vor allem die historischen Dokumente des
Argentiniers Panunzi und des Brasilianers Ferrez aus
dem 19. Jahrhundert, die packenden Revolutions-
bilder aus Mexiko (Casasola) und Kuba sowie die
ergreifenden Aufnahmen von Indios des Peruaners
Chambi in Erinnerung bleiben werden. In den foto-
grafischen Auffassungen in vielem der europä-
ischen Entwicklung verwandt, erschloss die als
Wanderausstellung konzipierte Schau, die nach
einer Berliner Station auf eine USA-Tournee gehen
wird, neue Bildwelten, die unsere Kenntnis dieser
Länder vertiefen helfen. In Ergänzung zur Ausstel-
lung wurden in einem Filmzyklus wichtige latein-
amerikanische Filme vorgeführt. Im umfangreichen
Katalog sind alle ausgestellten Werke publiziert und
teilweise von einheimischen Autoren kommentiert.
Nach den 1977 und 1979 gezeigten Ausstellungen
«Deutschland 1930-1939, Verbot - Anpassung -
Exil» und «Amerika 1920-1940» gelangte als Ab-
schluss dieses Zyklus die Schweizer Kunst eines
Jahrzehnts zur Darstellung, das wie kein anderes
von extremen politischen und künstlerischen Ge-
gensätzen geprägt war. Zusammen mit den Museer
von Aarau, Winterthur und dem Kunstgewerbemu-
seum Zürich wurde in einer breit angelegten Unter-
suchung die künstlerische Produktion der Epoche ir
ihren vielfältigsten Erscheinungsformen vorgestellt.
Unter dem Titel «Dreissiger Jahre Schweiz - Ein
Jahrzehnt im Widerspruch» fasste das Kunsthaus
Zürich mit Beispielen aus der Malerei, Plastik, Arch‘
tektur, Wandmalerei und Graphik, aber auch den
neuen Medien Bildillustrierte und Radio, die gegen-
sätzlichen Strömungen in thematische Gruppen zu:
sammen. Nach einer einleitenden Gegenüberstel-
lung von <«Zeitbildern) und typischen «Kunstwelten:
war dem chronologischen Gang durchs. Jahrzehnt
zu entnehmen, wie der Anfang noch im Zeichen
des Internationalismus, der figurativen Traditionen
einerseits, den Einflüssen der Avantgarde anderer-
seits stand, wie sehr sich aber vor allem nach 1935
unter der Parole der «Geistigen Landesverteidigung:
der Spielraum für Experimente stark einengte und
eine offizielle, vom Staat geförderte «Heimatkunst)
überhandnahm. Während die Tendenz zum Nationa
lismus in einer Zeit der äusseren Bedrohung an der
Landesausstellung 1939 in Zürich triumphierte,
sahen sich viele der aus heutiger Sicht bedeutend-
sten Künstler in die Isolation gedrängt. Die Ausstel
jung hatte vielleicht ihrer komplexen Fragestellun-
gen wegen eine lange Anlaufzeit und fand erst ge-
gen Ende ein grösseres Publikum. Intensivere Reso
nanz hatte sie hingegen in der Presse, bei Fach-
leuten und Lehrern, für die sie eine willkommene
Bereicherung des Geschichtsunterrichts war. Zum
besseren Verständnis wurde ein ausführliches Füh-
rungsblatt aufgelegt, während der Katalog als
umfassende Dokumentation viele Beiträge von jün-
geren Kunsthistorikern sowie Erinnerungen von Zeit