Full text: Jahresbericht 1981 (1981)

wirken. Die Ausstellung fasste somit eine Tendenz 
zusammen, die in starkem Mass mit den gesell- 
schaftlichen Problemen ihrer eigenen Zeit ver- 
flochten ist, und liess erkennen, dass diese Künstler 
ernsthafte und wesentliche, wenn auch häufig nur 
auf komplizierten Wegen nachvollziehbare archa- 
ische Weltbilder, eigentliche künstlerische Gegen- 
welten anbieten. Die meisten Teilnehmer haben ihre 
zum Teil sehr grossen Installationen selber aufge- 
baut. Eine «Behausung» von Charles Simonds ist auf 
dem Weg zum grossen Ausstellungssaal dem 
Kunsthaus als permanente Herausforderung er- 
halten geblieben. Die stark diskutierte Ausstellung 
war von einem reichen Video-Programm begleitet: 
sie ist zu grossen Teilen vom Hamburger Kunst- 
verein übernommen worden. 
Mit «Fotografie Lateinamerika)» wurde ein in der Ge- 
schichte der Fotografie bis anhin noch weitgehend 
unerforscht gebliebener Kontinent ausführlich be- 
arbeitet und vorgestellt. Aus der aus Archiven und 
Privatsammlungen zusammengetragenen riesigen 
Materialfülle wurden rund 450 Fotos von Men- 
schen, Landschaften und historischen Ereignissen 
von 1860 bis heute ausgewählt. In dieser Auswahl 
wurden die meisten lateinamerikanischen Länder 
mit insgesamt achtzig Autoren berücksichtigt, von 
denen vor allem die historischen Dokumente des 
Argentiniers Panunzi und des Brasilianers Ferrez aus 
dem 19. Jahrhundert, die packenden Revolutions- 
bilder aus Mexiko (Casasola) und Kuba sowie die 
ergreifenden Aufnahmen von Indios des Peruaners 
Chambi in Erinnerung bleiben werden. In den foto- 
grafischen Auffassungen in vielem der europä- 
ischen Entwicklung verwandt, erschloss die als 
Wanderausstellung konzipierte Schau, die nach 
einer Berliner Station auf eine USA-Tournee gehen 
wird, neue Bildwelten, die unsere Kenntnis dieser 
Länder vertiefen helfen. In Ergänzung zur Ausstel- 
lung wurden in einem Filmzyklus wichtige latein- 
amerikanische Filme vorgeführt. Im umfangreichen 
Katalog sind alle ausgestellten Werke publiziert und 
teilweise von einheimischen Autoren kommentiert. 
Nach den 1977 und 1979 gezeigten Ausstellungen 
«Deutschland 1930-1939, Verbot - Anpassung - 
Exil» und «Amerika 1920-1940» gelangte als Ab- 
schluss dieses Zyklus die Schweizer Kunst eines 
Jahrzehnts zur Darstellung, das wie kein anderes 
von extremen politischen und künstlerischen Ge- 
gensätzen geprägt war. Zusammen mit den Museer 
von Aarau, Winterthur und dem Kunstgewerbemu- 
seum Zürich wurde in einer breit angelegten Unter- 
suchung die künstlerische Produktion der Epoche ir 
ihren vielfältigsten Erscheinungsformen vorgestellt. 
Unter dem Titel «Dreissiger Jahre Schweiz - Ein 
Jahrzehnt im Widerspruch» fasste das Kunsthaus 
Zürich mit Beispielen aus der Malerei, Plastik, Arch‘ 
tektur, Wandmalerei und Graphik, aber auch den 
neuen Medien Bildillustrierte und Radio, die gegen- 
sätzlichen Strömungen in thematische Gruppen zu: 
sammen. Nach einer einleitenden Gegenüberstel- 
lung von <«Zeitbildern) und typischen «Kunstwelten: 
war dem chronologischen Gang durchs. Jahrzehnt 
zu entnehmen, wie der Anfang noch im Zeichen 
des Internationalismus, der figurativen Traditionen 
einerseits, den Einflüssen der Avantgarde anderer- 
seits stand, wie sehr sich aber vor allem nach 1935 
unter der Parole der «Geistigen Landesverteidigung: 
der Spielraum für Experimente stark einengte und 
eine offizielle, vom Staat geförderte «Heimatkunst) 
überhandnahm. Während die Tendenz zum Nationa 
lismus in einer Zeit der äusseren Bedrohung an der 
Landesausstellung 1939 in Zürich triumphierte, 
sahen sich viele der aus heutiger Sicht bedeutend- 
sten Künstler in die Isolation gedrängt. Die Ausstel 
jung hatte vielleicht ihrer komplexen Fragestellun- 
gen wegen eine lange Anlaufzeit und fand erst ge- 
gen Ende ein grösseres Publikum. Intensivere Reso 
nanz hatte sie hingegen in der Presse, bei Fach- 
leuten und Lehrern, für die sie eine willkommene 
Bereicherung des Geschichtsunterrichts war. Zum 
besseren Verständnis wurde ein ausführliches Füh- 
rungsblatt aufgelegt, während der Katalog als 
umfassende Dokumentation viele Beiträge von jün- 
geren Kunsthistorikern sowie Erinnerungen von Zeit
	        
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