Full text: Jahresbericht 1981 (1981)

Farbdrucken und vielen Farbvarianten, auch mit 
Positiv- und Negativdrucken, den Eindruck der 
Stadt und die Stimmung in jedem Blatt wieder ver- 
ändert. 
DR Ich seh das gar nicht mehr als Stadt, vielleicht 
sieht man das anders, wenn man es selber macht, 
ich empfinde gar nicht Düsseldorf hier. 
UP Aber es hat Sie doch als Städtebild interes- 
siert? 
DR Angefangen habe ich mit diesen Dingen mit 
dem Bahnhofplatz von Solothurn 1970 (Abb. 5.16), 
und da wollte ich eine ganz bestimmte Szene vor 
dem Bahnhof für mich als Erinnerungsbild machen. 
Ich habe meinem Bruder, der in der Nähe von Solo- 
thurn wohnte und ein guter Photograph ist, eine 
Karte geschickt von der Gegend und hab ihn ge- 
wisse Stellen, an die ich sentimentale Erinnerungen 
habe, photographieren lassen. Ich habe mit einem 
Pfeil die Himmelsrichtung angegeben, in der er es 
aufnehmen soll, und habe ihm die Tageszeit gesagt. 
und wie die Sonne stehen soll und auf der Karte 
genau angekreuzt, wo er sich hinstellen soll. In 
Solothurn sollte er sich auf die Nordseite des Bahn- 
hofs stellen und nach Westen photographieren. Er 
hat mir auch andere Szenen photographiert, zum 
Beispiel die «‚Emme», an die ich auch sentimentale 
Erinnerungen habe (Abb. S. 16). In Solothurn habe 
ich mal auf dem Bau vor dem Bahnhof gearbeitet, 
als Gipserhandlanger, und ich hab da so gelitten, 
und da hab ich gedacht, ich mach mir das jetzt 
noch mal souverain, ich mach mir in der Wiederho- 
lung schönes Wetter. Am Anfang wollte ich es nur 
Schwarzweiss mit ein bisschen Grün, dann hab ich 
angefangen mit Grün und Gelb, und dann hab ich 
gemerkt, dass es eigentlich gar keine Rolle spielt. 
einfach etwas reinschmieren und dann kommt 
etwas Komisches raus. Später während des Auf- 
lagendruckes habe ich mehr reingetan, und das ist 
gegangen wie die warmen Semmeln, und das hat 
der Verleger gemerkt, und so bin ich auf die Tech- 
nik gekommen. Dann habe ich das nicht mehr als 
Erinnerungsbilder gemacht, sondern kommerziell, 
und es ist eine technische Spielerei geworden. 
könnte man sagen. Das Blatt des Kunsthauses ist 
ein ganz frühes Bild in Grün und Schwarz, das habe 
ich eigentlich immer für mich selbst behalten wol- 
len, weil es die Erinnerung am besten wiedergibt. 
Die andern sind für mich nicht mehr wichtig, das is} 
nur noch etwas für Kenner, mit den Varianten und 
so weiter. Ihres ist das allererste, es ist das beste, 
obschon ich weiss, dass die Leute es nicht so gern 
haben. 
UP Dann sind diese Städtebilder mit ihren vielen 
Farbvarianten also nicht als Manipulation der Realı- 
tät zu verstehen? 
DR Ich weiss nicht, ob man die Realität manipu- 
lieren kann. Was man manipulieren kann, ist ein 
Bild, aber ich kann zum Beispiel meine Erinnerung 
nicht manipulieren, ich hab das gemerkt. Ich will 
immer meine Erinnerung verbessern und kriege das 
nicht hin, oder es geht eben so gerade, aber kom- 
merziell ist das nichts, und sobald ich merke, ich 
kann da so ein kleines farbiges Feuerwerkchen ma- 
chen und das wird auch verkauft, dann komme ich 
in dieses Zeug rein, und dann ist es aus. Die ersten 
drei Drucke dieser Serie sind vielleicht noch so, wie 
ich es wollte und so, dass ich mich selbst daran 
aufgeilen kann, die andern sind schon extreme Bon- 
bonniere, haben etwas Süssliches. Mit dem Blatt 
«Köln» habe ich zum Beispiel schon gar nichts mehr 
zu tun, das war eine Bestellung und ist nach einer 
Postkarte entstanden. Mit «Heidelberg», das der 
Staeck bestellt hat, wollte ich die Kitschpostkarten 
ironisieren, da bin ich auf Abwege geraten. Ich 
musste damit auch unbedingt Geld verdienen. Ich 
kann das manchmal gar nicht sehen. Ich muss be- 
trunken sein, dann sehe ich schon, dass das so eine 
abstrakte Schönheit hat, ein bisschen expressio- 
nistisch und ein bisschen Paul Klee. 
UP In zahlreichen Blättern ist also der Ausgangs- 
punkt ein persönliches Erlebnis. In andern Blättern, 
und man muss sagen, in auffallend vielen, haben 
sie sich selbst dargestellt. Oft sind Bilder ausdrück 
lich als «Selbstbildnis» bezeichnet, in andern ist Ihr 
Selbst in verschlüsselter Form wiedergegeben. 
DR Ja.
	        
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