Farbdrucken und vielen Farbvarianten, auch mit
Positiv- und Negativdrucken, den Eindruck der
Stadt und die Stimmung in jedem Blatt wieder ver-
ändert.
DR Ich seh das gar nicht mehr als Stadt, vielleicht
sieht man das anders, wenn man es selber macht,
ich empfinde gar nicht Düsseldorf hier.
UP Aber es hat Sie doch als Städtebild interes-
siert?
DR Angefangen habe ich mit diesen Dingen mit
dem Bahnhofplatz von Solothurn 1970 (Abb. 5.16),
und da wollte ich eine ganz bestimmte Szene vor
dem Bahnhof für mich als Erinnerungsbild machen.
Ich habe meinem Bruder, der in der Nähe von Solo-
thurn wohnte und ein guter Photograph ist, eine
Karte geschickt von der Gegend und hab ihn ge-
wisse Stellen, an die ich sentimentale Erinnerungen
habe, photographieren lassen. Ich habe mit einem
Pfeil die Himmelsrichtung angegeben, in der er es
aufnehmen soll, und habe ihm die Tageszeit gesagt.
und wie die Sonne stehen soll und auf der Karte
genau angekreuzt, wo er sich hinstellen soll. In
Solothurn sollte er sich auf die Nordseite des Bahn-
hofs stellen und nach Westen photographieren. Er
hat mir auch andere Szenen photographiert, zum
Beispiel die «‚Emme», an die ich auch sentimentale
Erinnerungen habe (Abb. S. 16). In Solothurn habe
ich mal auf dem Bau vor dem Bahnhof gearbeitet,
als Gipserhandlanger, und ich hab da so gelitten,
und da hab ich gedacht, ich mach mir das jetzt
noch mal souverain, ich mach mir in der Wiederho-
lung schönes Wetter. Am Anfang wollte ich es nur
Schwarzweiss mit ein bisschen Grün, dann hab ich
angefangen mit Grün und Gelb, und dann hab ich
gemerkt, dass es eigentlich gar keine Rolle spielt.
einfach etwas reinschmieren und dann kommt
etwas Komisches raus. Später während des Auf-
lagendruckes habe ich mehr reingetan, und das ist
gegangen wie die warmen Semmeln, und das hat
der Verleger gemerkt, und so bin ich auf die Tech-
nik gekommen. Dann habe ich das nicht mehr als
Erinnerungsbilder gemacht, sondern kommerziell,
und es ist eine technische Spielerei geworden.
könnte man sagen. Das Blatt des Kunsthauses ist
ein ganz frühes Bild in Grün und Schwarz, das habe
ich eigentlich immer für mich selbst behalten wol-
len, weil es die Erinnerung am besten wiedergibt.
Die andern sind für mich nicht mehr wichtig, das is}
nur noch etwas für Kenner, mit den Varianten und
so weiter. Ihres ist das allererste, es ist das beste,
obschon ich weiss, dass die Leute es nicht so gern
haben.
UP Dann sind diese Städtebilder mit ihren vielen
Farbvarianten also nicht als Manipulation der Realı-
tät zu verstehen?
DR Ich weiss nicht, ob man die Realität manipu-
lieren kann. Was man manipulieren kann, ist ein
Bild, aber ich kann zum Beispiel meine Erinnerung
nicht manipulieren, ich hab das gemerkt. Ich will
immer meine Erinnerung verbessern und kriege das
nicht hin, oder es geht eben so gerade, aber kom-
merziell ist das nichts, und sobald ich merke, ich
kann da so ein kleines farbiges Feuerwerkchen ma-
chen und das wird auch verkauft, dann komme ich
in dieses Zeug rein, und dann ist es aus. Die ersten
drei Drucke dieser Serie sind vielleicht noch so, wie
ich es wollte und so, dass ich mich selbst daran
aufgeilen kann, die andern sind schon extreme Bon-
bonniere, haben etwas Süssliches. Mit dem Blatt
«Köln» habe ich zum Beispiel schon gar nichts mehr
zu tun, das war eine Bestellung und ist nach einer
Postkarte entstanden. Mit «Heidelberg», das der
Staeck bestellt hat, wollte ich die Kitschpostkarten
ironisieren, da bin ich auf Abwege geraten. Ich
musste damit auch unbedingt Geld verdienen. Ich
kann das manchmal gar nicht sehen. Ich muss be-
trunken sein, dann sehe ich schon, dass das so eine
abstrakte Schönheit hat, ein bisschen expressio-
nistisch und ein bisschen Paul Klee.
UP In zahlreichen Blättern ist also der Ausgangs-
punkt ein persönliches Erlebnis. In andern Blättern,
und man muss sagen, in auffallend vielen, haben
sie sich selbst dargestellt. Oft sind Bilder ausdrück
lich als «Selbstbildnis» bezeichnet, in andern ist Ihr
Selbst in verschlüsselter Form wiedergegeben.
DR Ja.