Full text: Jahresbericht 1982 (1982)

in einem Überblick gezeigte malerische Schaffen zu 
präsentieren - und Matisse hat sich, trotz einem 
Gesamtoeuvre von nahezu 70 Bronzefiguren, vor 
allem als Maler verstanden. Der Ausstellung kam 
somit eine besondere Bedeutung zu, wurde doch 
die Malerei des Künstlers in der Schweiz seit 1949 
nie mehr und in Deutschland noch überhaupt nie 
von einem öffentlichen Kunstinstitut in einer um- 
fassenden Überblicksdarstellung gezeigt. Hervor- 
gehoben wurden insbesondere das Frühwerk, die 
Zeitspanne, die von den fauven Bildern um 1905 bis 
zur Übersiedlung nach Nizza 1920 reicht, d.h. der 
erste künstlerische Höhepunkt sowie die Experi- 
mentierphase und die Auseinandersetzung mit dem 
Kubismus. Und auf der andern Seite das Spätwerk, 
Bilder der 30er und 40er Jahre sowie die farbigen 
Scherenschnitte, die 1942 einsetzen und die letzten 
Jahre des Künstlers bis zu seinem Tode 1954 domi- 
nieren. 
Aus allen diesen Schaffensperioden konnten aus- 
schlaggebende Hauptwerke vereinigt werden. 
Erinnert sei lediglich an «Luxe, calme et volupt&, 
1904 (Mus&ge National d’Art Moderne, Centre 
Georges Pompidou, Paris), «La danse (premiere 
version)», 1909 (The Museum of Modern Art, New 
York), «Vue de Notre-Dame, 1914 (The Museum of 
Modern Art, New York), «Porte-fen&tre ä Collioure» 
1914 (Privatbesitz), «La danse (premiere version), 
1932 (Musge d’Art Moderne de la Ville de Paris), 
und <«Acanthes;>, 1953 (Sammlung Ernst Beyeler, 
Basel). 
Ausstellungen im Graphischen Kabinett 
Nach seiner Renovation konnte das Graphische 
Kabinett im Januar 1982 in neuer und erweiterter 
Form eröffnet werden. Der Ausbau schuf die Vor- 
aussetzungen für einen Ausstellungsbetrieb, der den 
heutigen Anforderungen für die Präsentation von 
Zeichnungen und Graphik entspricht. Zum Dank für 
die grosszügige Unterstützung unseres Vorhabens 
seitens der Georges und Jenny Bloch-Stiftung zeig 
ten wir als Eröffnungsausstellung einen Überblick 
über die Picasso-Graphik der eigenen Sammlung. 
Den Auftakt bildete Picassos frühester Radierungs 
zyklus «La Suite des Saltimbanques> von 1904/05, 
welcher den Übergang von den düsteren, menschli- 
ches Elend darstellenden Werken seiner Frühzeit zu 
den melancholischen Harlekin-Bildern der «Epoque 
rose) bezeichnet. An einigen Blättern aus den dreis 
siger Jahren liess sich Picassos Interesse für die 
Antike ablesen, insbesondere für die Gestalt des 
Minotaurus, welche er aus dem Thema des Stier- 
kampfs entwickelte und die für ihn zu einem ganz 
versönlichen Symbol wurde. In den späteren Wer- 
<xen dominierte das Thema «Maler und Modelb, mit 
dem Picasso den Vorgang des Malens zum Gegen: 
stand der Malerei erhob und das sich nach und 
nach zur Konfrontation von Mann und Frau und zur 
eigentlichen Hommage des alternden Picasso an 
das Weib ausweitete. Einen Höhepunkt der Ausstel 
lung stellten die im Kunsthaus deponierten Blätter 
der Gottfried Keller-Stiftung dar, die Georges Bloch 
von Picasso persönlich gewidmet worden sind und 
bei denen es sich in der Mehrzahl um Unikate in 
der neuartigen Technik des sogenannten «bemalter 
Linolschnittes» handelt. Die gleichzeitig in Vitrinen 
ausgestellten Photographien von Edward Quinn 
ermöglichten einen Einblick in die technischen 
Probleme dieses neuen graphischen Verfahrens 
Picassos. 
Die Ausstellung «Paul C&zanne - Aquarelle», die in 
Zusammenarbeit mit der Kunsthalle Tübingen vor: 
bereitet worden war, vereinte mit rund 120, teil- 
weise erstmals vorgestellten Werken einen in die- 
sem Umfang noch nie gezeigten repräsentativen 
Querschnitt durch C6zannes Aquarellmalerei aus 
vier Schaffensjahrzehnten. Anhand ausgewählter 
Beispiele aus allen Themenbereichen (Figurenbildeı 
Landschaften, Stilleben, Porträts), die von zahl- 
reichen Sammlern, Museen und Galerien als Leih- 
gaben zur Verfügung gestellt wurden, konnte man 
die einzigartige Arbeitsweise dieses Wegabereiters 
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