Full text: Jahresbericht 1982 (1982)

der Kunst des 20. Jahrhunderts verfolgen. Da das 
Kunsthaus Zürich mit seinen sechs Werken die 
drittgrösste öffentliche Sammlung von Cezanne- 
Aquarellen besitzt, bot diese Ausstellung eine will- 
kommene Gelegenheit, den wegen seiner Licht- 
empfindlichkeit selten ausgestellten eigenen Be- 
stand in einem ihm gebührenden grösseren Zusam- 
menhang zu zeigen. 
Cezanne hat die Gattung des Aquarells zu einem so 
hohen Rang erhoben, dass es gleichwertig neben 
seiner Malerei zu bestehen vermag. Vor allem die 
Aquarelle der Spätzeit setzen sich als Bildfindungen 
von allem ab, was bislang in der europäischen Tra- 
dition gültig war. Die Ausstellung konnte einen ein- 
drucksvollen Überblick über die Entwicklung von 
Cezannes Aquarellmalerei vermitteln, angefangen 
bei den frühen allegorischen und mythologischen 
Kompositionen, in denen er die Themen ins Persön- 
liche uminterpretierte und die Figuren in leiden- 
schaftlicher Übersteigerung expressiv deformierte, 
über die (impressionistischen» Werke der siebziger 
Jahre, als er in engem Anschluss an Pissarro vor 
der Natur zu malen begann und den geteilten 
Pinselstrich der Impressionisten zu einem neuen 
Strukturelement seiner Bilder entwickelte, bis zu 
den späten Landschaften, deren Höhepunkt die ein- 
drucksvolle Gruppe der «Montagne Sainte-Victoire> 
bildete. In diesen späten Aquarellen wurde die 
Farbe immer stärker zum Hauptdarstellungsmittel, 
und es gelang Cezanne, mit der Überlagerung der 
transparenten Farbflecken und durch die zuneh- 
mende Mitsprache der weissen Fläche die Wirkung 
von Lichterfülltheit entstehen zu lassen und einen 
schwebenden Bildraum ohne messbare Distanzen 
zu schaffen, in dem die Dinge nicht mehr von 
aussen, in ihrer zufälligen Erscheinung fixiert, son- 
dern in ihrer inneren Struktur und in ihrem wesent- 
lichen Sein erfasst sind. 
Unter dem Titel «Enzo Cucchi-Zeichnungen)» veran- 
stalteten wir die erste Einzelausstellung dieses 1950 
in Morro d’Alba bei Ancona geborenen Künstlers in 
einem Museum. Wir konzentrierten uns dabei auf 
seine grossformatigen Kohlezeichnungen, die seit 
1980 entstanden waren, nachdem Cucchi die leer- 
stehende Kirche von Galignano als Atelier benutzer 
konnte und damit die Chance erhalten hatte, For- 
mate bis zu 2,50 m Höhe und 6 m Breite in Angriff 
zu nehmen. Mit der wandbildhaften Monumentalitäi 
begann Cucchi der Zeichnung neue Möglichkeiten 
zu erschliessen. Im Gegensatz zu den eher viel- 
teiligen, kleinformatigen Zeichnungen sind diese 
Werke durch wenige grossgesehene, figurative 
Zeichen bestimmt: menschliche Gestalten und Tiere 
mit einfachen, geschlossenen Umrissen, nahge- 
sehene Berge, schematisierte Bäume und auf we- 
nige Linien reduzierte Häuser und Schiffe. Cucchi 
verzichtet auf alles Deskriptive und Narrative. Durot 
ein beunruhigendes Nebeneinander von nicht zu- 
sammengehörenden Bildelementen und durch 
Sprünge in den Grössenverhältnissen zwischen 
Mensch und Landschaft erzielt er eine erstaunliche 
Monumentalisierung der Figuren und ruft den Ein- 
druck feierlicher Stille und Bedeutsamkeit hervor. Ir 
den Zeichnungen kommt Cucchis ganz persönliche 
Ikonographie zum Ausdruck. Die Bildtitel sprechen 
von dem «Heiligen der Berge», dem «Wunder der 
Steine)», von etwas «Heiligem zwischen den Händen: 
und vom «Menschen aus den Marken». Enzo Cucch: 
beruft sich immer wieder ausdrücklich auf die Mar- 
ken, seine Heimat, und beschwört in seinen Bilderr 
die Mythen und Legenden dieser Gegend. Auffal- 
lend ist, dass es beunruhigend häufig Bilder der 
Bedrohung und des Todes sind. Der die Ausstellung 
begleitende Katalog enthält den Gesamtkatalog von 
allen bisher entstandenen grossformatigen Zeich- 
nungen Cucchis. Die Ausstellung wurde anschlies- 
send vom Museum Groningen übernommen 
Mit der Ausstellung <«Shigeko Kubota - Video 
Sculptures> sollten nach den im Kunsthaus seit 
1980 veranstalteten Videozyklen, die sich auf die 
Vorführung von Videobändern beschränkt hatten, 
weitere Möglichkeiten des künstlerischen Mediums 
Video vorgestellt werden. Videoskulptur - eine
	        
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