Ausstellungen
Hauptausstellungen
Der Hang zum Gesamtkunstwerk
Die erste Hauptausstellung des Jahres 1983
beschäftigte sich mit dem umfangreichen Themen-
komplex des «Gesamtkunstwerkes;, jenen uto-
pischen Versuchen und Entwürfen, die die Ver-
einigung aller Künste zu einem höheren Ganzen
anstrebten. Dieses Gedankengut hatten zahlreiche
Künstler seit der Französischen Revolution, also
bereits vor Richard Wagners Formulierung des
Begriffs, in Ihre Werke einzubringen versucht. Unter
dem Ausstellungstitel «Der Hang zum Gesamtkunst-
werk) wurden über 300 Gemälde, Skulpturen,
Arbeiten auf Papier, Modelle und Rekonstruktionen
in sämtlichen Ausstellungs- sowie zwei Samm-
lungsräumen des Kunsthauses zusammengetragen,
die «Europäische Utopien seit 1800» belegten, mit
Leihgaben aus fast allen westeuropäischen Ländern
und den USA. Die Förderung der von Harald Szee-
mann konzipierten Ausstellung durch die Körber-
Stiftung Hamburg ermöglichte die Herstellung zahl-
reicher Modelle und Rekonstruktionen, die, vereint
mit bereits bestehenden Nachbildungen, wie eine
ideelle Leitlinie von den Werken der Revolutions-
architekten und Frühromantiker bis zu den zeit-
genössischen Arbeiten führten: Der eigens neu
angefertigte, bislang nicht existierende Längsschnitt
durch das Festspielhaus, das Richard Wagner zur
Aufführung seiner «Weihefestspiele) in Bayreuth
hatte erbauen lassen sowie ein Modell des
ursprünglich geplanten Festspielhauses in München,
das Wagners Mäzen Ludwig Il. für diesen am Isar-
ufer errichten lassen wollte; die im Massstab 1:10
verkleinerte Nachbildung des «Palais Ideal» des
«Facteur Chevab; die etwas verkleinerte Nach-
bildung des 1936 zerstörten Hängemodells zur
Kirche der Colonia Güell des katalanischen Archi-
tekten Antoni Gaudi; ein 1:1-Nachbau des ersten
Merzbaus von Kurt Schwitters in Hannover, der
1943 in einem Bombenangriff zerstört wurde; ein
Modell der Villen- und Gartenanlagen, die der italie
nische Dichterfürst Gabriele D’Annunzio als «Vitto-
riale degli Italian» verstand. Die bereits bestehen-
den Modelle und Rekonstruktionen dokumentierten
Werke von Rudolf Steiner und dessen Baugedanker
des «Goetheanums;; die Nachbildung des «Grossen
Glases» von Marcel Duchamp; den «Licht-Raum-
Modulator» von Laszlo Moholy-Nagy sowie dessen
futuristisches Dekor zum Film «The Shape of Things
to Come»; Wladimir Tatlins Modell eines riesigen
Turmes als Monument für die Ill. Internationale:
Kopien von Figurinen für Oskar Schlemmers «Triadi
sches Ballett»; Walter Gropius’ Projekt eines «Total-
theaters) für Erwin Piscator; Modelle zu den Film-
aufnahmen des deutschen Regisseurs Hans Jürgen
Syberberg:; die «Salle Blanche» des Belgiers Marcel
Broodthaers.
Die ganze Breite des Hauptsaales wurde eingenom
men von Joseph Beuys’ «Das Kapital, einer viel-
teiligen Installation, die der Künstler als Summe
seines multimedialen Schaffens begriff.
Als gesonderter Ausstellungsteil nahmen die Räume
des Graphischen Kabinetts die architektonischen
Phantasien der Mitglieder der «Gläsernen Kette) auf
Die Räume im Erdgeschoss belegten einerseits das
umfassende Schaffen sowie die vielfältigen Lebens
stationen Gabriele D’Annunzios und waren anderer
seits kleineren Werkgruppen von Antonin Artaud,
Pjerre Klossowski, Hermann Nitsch und Adolf Wölfli
vorbehalten.
Ihren Abschluss fand die gesamte Ausstellung mit
zwei zeitgenössischen Versuchen zum «Gesamt-
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