Ausstellung die noch nie gezeigten Bestände der
Graphischen Sammlung vor. Das Kunsthaus besitzt
die wichtigsten graphischen Blätter dieses für die
Entwicklung der neueren englischen Malerei bedeu-
tenden Künstlers des 18. Jahrhunderts, unter
anderem die bekannten Bilderzyklen «Marriage ä la
Mode,», «A Harlot’s Progress) und «A Rake’s Prog-
ress>». Die Graphik nahm im Werk des Kupfer-
stechers, Malers, Theoretikers und Verlegers
Hogarth einen bevorzugten Platz ein. In Einzelblät-
tern und narrativen Bildserien illustrierte er anhand
von Einzelschicksalen gesellschaftliche Zwänge und
Situationen von Verführungen sowie deren sich fast
schicksalhaft daraus ergebende Folgen. Durch die
kritische Haltung, mit der er in oft derben, lebens-
nahen Bildern auf die sozialen und politischen Miss-
stände seiner Zeit, wie Prostitution, Alkohol-
abhängigkeit, Spielsucht und Gefängniswesen,
reagierte, übt er auch heute noch eine sehr direkte
Wirkung aus. Als wertvolle Ergänzung zur Graphik
konnten wir das Selbstbildnis «Hogarth painting the
Comic Muse» von 1758 zeigen, das uns freund-
licherweise von der National Portrait Gallery London
als Leihgabe zur Verfügung gestellt wurde. Dieses
Beispiel bot die Möglichkeit, das Ölbild und den
entsprechenden Kupferstich, der - wie so häufig
bei Hogarth - nach dem Gemälde entstanden ist,
miteinander zu vergleichen und damit der Frage des
Verhältnisses von Original zu Druckgraphik in
seinem Werk nachzugehen.
Die Ausstellung der Neuerwerbungen der Graphi-
schen Sammlung, die Zeichnungen und Druck-
graphik aus den achtziger Jahren zeigte, stand unter
dem Thema «Bilder der Angst und der Bedrohung)
Aus den Arbeiten der Künstler Jonathan Borofsky,
Miriam Cahn, Enzo Cucchi, Martin Disler, Mimmo
Paladino, A. R.Penck und Arnulf Rainer ging deut-
lich hervor, wie. stark ihr Werk von den heutigen
Erfahrungen der Bedrohung geprägt ist. Es ist des
öfteren darauf hingewiesen worden, dass in der
heutigen Malerei das Lebensgefühl der jungen
Generation zum Ausdruck kommt. Dieses Lebens-
gefühl basiert notwendigerweise auf den gesell-
schaftlichen und politischen Entwicklungen unsereı
Zeit, in der sich immer mehr Menschen dessen
bewusst werden, dass sie von anonymen Macht-
strukturen abhängig sind und somit nicht mehr
fähig sind, ihr eigenes Schicksal selbstverantwort
lich zu gestalten. Bei vielen ruft ausserdem das
Erlebnis des Ausgeliefertseins an die Technik ein
Gefühl der Ohnmacht hervor. Menschliche Quali-
täten und Fähigkeiten werden dadurch entwertet,
dass die Technik, die wir selbst geschaffen haben,
über uns hinausgewachsen ist. Die psychische
‚Antiquiertheit des Menschen)», wie Günther Anders
es nennt, ist eine Quelle ungeheurer Ängste. Auch
die ökologische Krise, die langsame Zerstörung
unserer Umwelt durch den Menschen, dringt immer
mehr ins Bewusstsein. Hinzu kommt die Zuspitzung
der nuklearen Drohung, die sich anschickt, ein
apokalyptisches Ausmass anzunehmen. Alle diese
Krisen erzeugen ein allgemeines Gefühl von Angst
und Bedrohung. Während die meisten von uns
dieses Gefühl abwehren und verdrängen, lassen es
viele Künstler heute zu und gehen in ihren Werken
damit kreativ um.
Ausstellungen im Erdgeschoss (Räume 1-Ill)
Marcel Broodthaers
Eine kleine Ausstellung stellte das gesamte druck-
graphische Werk des belgischen Künstlers Marcel
Broodthaers vor, das wir 1982 durch die finanzielle
Unterstützung des Migros-Genossenschafts-Bundes
für die Graphische Sammlung erwerben konnten.
Die 25 Editionen aus den Jahren 1964 bis 1975, zu
denen ausser druckgraphischen Blättern auch eine
bedruckte Photoleinwand, ein Film und eine Flasche
mit dem Titel «Le manuscrit trouve dans une
bouteille» gehören, sind als geschlossenes (Euvre
besonders wichtig, da sich in ihrer Vielfalt Broodt-
haers gesamtes Schaffen spiegelt. Die Ausstellung
belegte eindrücklich, wie stark Broodthaers Druck-