auf die Aktionen und die Malerei des <«Futurismus)
Jınd dessen fast bruchloses Einmünden in den
Faschismus, wie andererseits auf die ambivalente
<raft dessen, der die Systemklemme als Futurologe
bearbeitet, als Element des Zukunftweisenden im
vosıtiven Sinne, das jedoch im ironischen Unterton
der eigenen Bezeichnung wiederum relativiert wird
All die beschriebenen Bildelemente scheinen wie
olastische Figurationen auf einem offenen Bühnen:
raum zu agieren, dessen Dimensionen lediglich
durch den wie aufgeklappt wirkenden Schneestern
ausgemessen werden. Nur die Nahsicht und das
«künstliche» Licht, das verschiedene Partien schlag-
lichtartig erhellt und andere ins undefinierbare
Junkel tauchen lässt, erinnern noch an die ur-
sprünglichen Gegebenheiten des «Cafe&»-Raums von
Immendorff. Malerisch hat sich der Künstler von
ainem plakativen Flächenstil über die differenzierte
Lichtführung der ersten «Cafe Deutschland>-Bilder zu
ainem Stil hin entwickelt, der in seinem expressiven
Farbauftrag kongenial zu den vielfältig möglichen
Interaktionen der dargestellten Bildelemente ver-
läuft. «Die Gegenstandswahrnehmung ist durchwirkt
von der „Materialfähigkeit” der Malerei, die ihrerseits
eine Botschaft enthält. ..»5 Es sind die Schatten und
UJmrisse, die gerade in diesem Bild die Elemente der
Komposition markieren. Das emotionale Moment
wird zwar durch die Darstellung der Objekte stimu:
liert, der Kern der Emotionalität liegt jedoch in der
Art und Weise der Benutzung der starken Hell-
Dunkel-Kontraste zusammen mit der differenzierten,
tonigen Farbwirkung grosser Flächen mit hervorge-
hobenen starken Akzenten. «Erst dadurch, dass Im-
mendorff sich der Malerei als solche versichert, ent-
steht die ästhetische Basis für den Weltentwurf und
die Weltinterpretation seines Werkes, die sich
grundsätzlich und modellhaft mit Situationen und
Positionen auseinandersetzt. Der Impuls seiner
Kunst besteht in dem rein malerischen Prozess der
Entladung der weiss-schwarzen Energie. Die imagi-
näre und die reale Bewegung in den Bildern, die aus
diesem Impuls sichtbar wird, nutzt Immendorff, um
von einem zum anderen zu kommen. Ohne die
Weiss-Schwarz-Polarität wäre die Modellhaftigkeit
der Ikonographie nicht denkbar.»®
Von der Bildikonographie wie auch vom spezifischer
Malstil her gesehen, steht Immendorffs Werk wohl
einzigartig da in der neueren Malerei und vor allem
der jüngeren deutschen Malerei. Was ihn aber mit
den Bestrebungen etwa eines Georg Baselitz oder
Anselm Kiefer verbindet, ist die Aufarbeitung und
Aktualisierung deutscher Geschichte (und deutsche‘
Mythologie) mit künstlerischen Mitteln - deutsche
Geschichte jedoch im Hinblick darauf, was ihre Im-
plikationen für die «Weltlage> ausmacht.
Toni Stooss
Anmerkungen
— Im Jahre 1983 hat Immendorff die Thematik sowohl vom Inhalt
wie auch von der Titelgebung her wieder aufgenommen, So
etwa in Werken wie Deutschland in Ordnung bringen und Cafe
Deutschland — Kate Dora und bis heute weitergeführt.
Siehe dazu den ausführlichen Beitrag von Toni Stooss, Das (Ca-
f&, für die Naht) oder Wo Immendorff Deutschland in Ordnung
bringt, in: Katalog /mmendorff, Kunsthaus Zürich 1983, S.134-
152.
Das Brandenburger Tor wurde 1788-1791 nach den Plänen vor
Carl Gotthardt Langhans (1732-1808) als Stadttor im Westen
Berlins erbaut. Die Bekrönung bildet Gottfried Schadows
‘11764-1850) Quadriga mit Siegesgöttin, die im Jahre 1793 fer
tiggestellt wurde. Nach einem Erlass von 1792 sollte das Tor al:
(«Friedenston gelten. In seiner endgültigen Form wurde es als
Monument des preussischen Staates und Königtums begriffen
Die Wilhelminische Epoche feierte das Tor als Denkmal des
preussischen Staates und des Kaisertums. Am Abend der
Machtergreifung Hitlers, am 30. Januar 1933, veranstaltete die
NSDAP einen Fackelzug durch das Brandenburger Tor. Im Zweı
ten Weltkrieg wurde es schwer beschädigt, die Quadriga-
Gruppe nahezu zerstört. 1950 entfernte man die Überreste und
liess die Quadriga nach Abgüssen aus dem Jahre 1942 rekon
struieren. Die neue Quadriga wurde 1958 auf das wieder her
gestellte Tor gesetzt. Durch die Teilung Deutschlands, den
Mauerbau von 1961 und den «Kalten Krieg» wurde es zum Sym
bol für die Teilung Deutschlands und damit zugleich für die
Hoffnung auf eine mögliche Wiedervereinigung.
In Entwürfen und Ideenskizzen zum Thema des Brandenburger
Tores, die sich später in der Plastik «Naht» materialisieren soll-
ten, trommeln die beiden Künstlerfreunde auf dem Dach dieses
preussischen Monumentes mit Holzschlegeln auf die Becken-
Ad
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