Strahlkraft und Dichte von Licht und Farbe eröffnete
Ihm eine überraschende, der Wildheit der Atlantik-
küste entgegengesetzte Erscheinungsform des Er-
nabenen in der Natur. Die flockig, spontane Mal-
weise hingegen, das schwebend Unbestimmte des
dunstigen Himmels entspricht noch ganz den hoch-
impressionistischen Bildern des vorhergehenden
Jahrzehnts, jenen «Impressions», auf die die Kritiker
30 besonders heftig reagierten. Von einer derartigen
Landschaft «Soleil couchant sur la Seine - Effet
d’hiver, schrieb er entsprechend, es habe keinen
Sinn, sie für den Salon einzureichen, da sie <«trop ä
mon goüt a mob sei.'9 So vermittelt das neu
geschenkte Gemälde in der ausserordentlichen
Gruppe von Werken Monets im Kunsthaus zwischen
den beiden frühen und den späten, immer kühner in
ingeahnte Reiche absoluter Malerei eindringenden
3ildern.
recht brav aus; zwar mit klaren bunten Farben und
impulsiv frisch gemalt, sind es doch meist wohl-
geordnete fröhliche Landschaften. Aber was heute
mit Behagen in jeder bürgerlichen Stube aufgehängt
würde, vermochte anscheinend 1905 zu schockie-
ren: Die offene, von van Gogh beeinflusste Pinsel-
‘ührung, die auf Gauguin zurückgehende parzellie-
‚ende Betonung der Bildfläche und die unbeküm-
mert subjektive Farbgebung entfernten sich zu weit
von dem damals etwa bis zum tonig abbildhaften
Realismus der Ecole de Barbizon vorgedrungenen
7ublikumsgeschmack. Einem jungen Maler standen
aber diese fortschrittlichen Ausdrucksmittel in Paris
zur Verfügung, und unter der Führung von Matisse
Demächtigten sich mehrere Künstler dieser Möglich-
<eiten: Die Leichtigkeit der Eroberung spiegelt sich
im kometenhaften Aufstieg der Gruppe, der raschen
Entwicklung und ihrem baldigen Ende." In seiner
axpansiv-unbekümmerten Lebensweise entsprach
der kräftige Vlaminck am besten dem Idealbild einer
ebensfrohen Boheme, wie es die «Fauves;) als
Segensatz sowohl zu den Salonkünstlern als auch
zur überfeinerten Decadence pflegten, und da bei
hm der schöpferische Aufbruch am markantesten
verlief, gilt er bis heute als Hauptvertreter der Strö-
mung. Matisse und Braque suchten schon in dieser
Phase komplexere Lösungen und entwickelten sich
zu solch bedeutenden und eigenständigen Künst-
lern, dass ihre fauvistische Periode als Episode
arscheint; die übrigen Mitglieder der Gruppe hin-
gegen verloren bald an Intensität und verfielen teil-
weise den modischen Strömungen, die im Paris der
Zwischenkriegszeit, ja bis heute erstaunlich erfolg-
reich waren, ausserhalb Frankreichs aber kaum als
vollwertig anerkannt wurden. Dieser Verlauf kom-
oaromittierte wohl auch die Wertung der früheren
Produktion, so dass man es vorzog, die geringen
Mittel in andern Bereichen einzusetzen.
Drei Landschaften von Maurice de Vlaminck
Von den grösseren künstlerischen Bewegungen seit
dem Impressionismus war im Kunsthaus der Fauvis-
mus bisher eindeutig am schwächsten vertreten: Zu
dem einzigen Gemälde dieser Richtung - Matisse’
‘Margot - trat 1982 mit dem von Rene Lang
geschenkten Gemälde Kees van Dongens ein zwei-
tes. Aber erst die drei Bilder Vlamincks aus der
Sammlung Wolf, an die sich die bisher isolierte,
dereits das Ende des Fauvismus markierende Land-
schaft von Derain sinnvoll anschliesst, ermöglichen
ıun ein näheres Verständnis dieser Kunstströmung,
die trotz der kurzen Blüte in ihrer Zeit von ausser-
ordentlicher Bedeutung war und bis heute ihre Aus-
Strahlung bewahrte.
Was hat es mit diesen «Wilden» auf sich und wie
Kommt es, dass ihre Werke bisher in Zürich kaum
vertreten waren? Hatte man Angst vor ihrer Wild- Die drei Gemälde Vlamincks aus der Sammlung
heit? Das kann es wohl kaum gewesen sein - neben Wolf stammen alle aus den Jahren 1906 bis 1908,
Kokoschka oder Munch, deren Gemälde Wartmann der kurzen Blütezeit des Fauvismus; das früheste,
mit Hingebung sammelte, nehmen sich ihre Bilder <«La Seine et Le Pecay2, bildet dessen Charakte-