und Wand. Indem Ryman bei «Counter» die Alumi-
niumgitterstruktur der Fiberglasplatte mit Ihren silber-
glänzenden Metallstreiften wie bei einem Wellkarton
an allen Rändern sichtbar nach aussen treten lässt,
thematisiert er auch die Begrenzung des Bildes. Die
‚elativ dünne Fiberglasplatte ist mit vier unbemalten
Stahlschrauben, sogenannten <«fasteners) (Befestiger
der Aufhänger), ohne Abstand direkt auf der Wand
gefestigt. Die Schrauben greifen an der Ober- und
Unterseite mit je einer quadratischen Unterlagsscheibe
in das an dieser Stelle unbemalte Bildquadrat ein, so
dass sie integrierender Bestandteil der Bildkomposi-
tion werden. Ryman hat seit 1976 den <«fasteners», die
ar für jedes Bild speziell anfertigen lässt, entscheiden-
de Bedeutung beigemessen. Sie lösen die früher ver-
wendeten Klebstreifen ab. Die ausdrückliche «Ver-
schraubung)» auf der Wand, für die eine komplizierte
Anleitung mitgeliefert wird, lässt den Anspruch des
<ünstlers erkennen, den Platz des Bildes nicht zu ver-
rücken. Ähnlich wie bei Donald Judd und Richard
Tuttle geht es um die definitive Plazierung von Kunst. '©
Die formale und farbliche Beschränkung hindert
Zyman nicht daran, eine reiche Vielfalt innerhalb sei-
ner Bilder zu entwickeln und <«peinture) im klassischen
Sinn zu schaffen. Indem er aus dem Weiss sämtliche
Möglichkeiten herausholt und die Nuancen bewusst
macht, verleiht er seinen Werken eine unerwartete
Sinnlichkeit. Es gibt Bilder von Ryman, die dank einer
ausgeprägteren Pinselstruktur eine stärkere sinnliche
Ausstrahlung haben. Da es in seiner Kunst darum
geht, die kleinen Unterschiede und minimalen Ab-
wandlungen wahrzunehmen und bewusst zu erfahren,
antfaltet sich sein Werk eigentlich erst richtig in der
Zusammenschau mehrer Bilder. Bei der Neuerwer-
ung wurde deshalb vorgesehen, diese in der Zukunft
durch weitere Werke zu ergänzen.
Jrsula rerucchi-Fetri
Anmerkungen
In den Videobändern verwendet Nauman seinen eigenen Körper
als Objekt. «In a way | was using my body as a piece of material
and manipulating it.» (Arts Magazine, March 1970, vol. 44, No. 5
5.26). In der Sammlung des Kunsthauses befinden sich die fol-
genden Tapes: Wall/floor positions, 1968 - Flesh to white to
lack to flesh, 1968 - Pacing upside down, 1969 - Walk with
zontraposto, 1969 - Manipulating a fluorescent tube, 1969
Abgebildet in: Meisterwerke aus der Graphischen Sammlung.
<unsthaus Zürich 1984, S.158
3ruce Nauman, Werke von 1965 bis 1972, Kunsthalle Bern 1973,
Cat. Nr. 7 und 17/18
Arts Magazine, März 1970, S.27, zitiert im Katalog der
Kunsthalle Bern 1973
Abgebildet in: Bruce Nauman 1972-1981, Staatliche Kunsthalle
3aden-Baden 1981, Nr. 22, 25 und 26
Zbenda Nr. 26, Abb. S.69
Kunsthalle Bern 1973
Zitiert von Christel Sauer in: Ink. Halle für internationale neue
Kunst, Dokumentation 8, S.5
Kunsthalle Bern 1973
Ähnliches gilt für eine andere Zeichnung unserer Sammlung, eine
Studie zu «Square depression» von 1976, einer mit den Ausmas:
sen von 25x25 m geplanten quadratischen Vertiefung, deren
Ränder auf der Höhe des umgebenden Erdbodens und etwas
über der Augenhöhe einer Person liegen sollten, die am Mittel:
vunkt in einer Tiefe von 2,30 m stände. Nauman schrieb dazu:
(«Bei dem Projekt geht es um die Konfrontation von privater Er-
‘ahrung und dem Ausgeliefertsein gegenüber der Öffentlichkeit.)
Kat. II «Skulptur» Ausstellung in Münster 1977, S. 56)
z:ranz Meyer, in: Minimal und Conceptual Art aus der Sammlung
>anza, Museum für Gegenwartskunst, Basel 1980/ 81, S.12
Als Ergänzung dazu befindet sich in unserer Graphischen Samm-
ung das 1980 erworbene Hauptwerk seines graphischen
Euvres: 30 Probedrucke sowie ein Exemplar der endgültigen
Zzdition von «Circle Lithograph», 1971 (vgl. Jahresbericht der
Zürcher Kunstgesellschaft 1980, Abb. 19 und S.95- 98)
Zitiert von Christel Sauer in: Robert Ryman, Ink. Halle für interna-
:jonale neue Kunst, Zürich 1980
n: Ausstellungskatalog Robert Ryman, Whitechapel Art Gallery,
„ondon 1977, S.1
Zitiert von Christel Sauer, op. cit.
Zür diesen Hinweis danke ich Herrn Gianfranco Verna. In den von
Ayman dem Bild mitgegebenen Instruktionen heisst es: «lt is
agreed that this painting shall be exhibited exactly and complete
ly as described in the attached instructions. The painting
depends for its aesthetic identity upon its correct installation.
Therefore, none of the physical components and no part of the
nstallation process shall be omitted; and nothing, such as any
sort of frame or covering - either for aesthetic or protective ef-
‘ect, shall be added.»
-
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