Full text: Jahresbericht 1985 (1985)

lebensnahen Bericht über die Provencezeit von Her- 
mann Degner, kommentierte rund neunzig ausgestellte 
Plastiken, die - so Richard Häsli in der «NZZ) —- einen 
(«Hauptweg der Schweizer Skulptur) bilden. 
Spuren, Skulpturen und Monumente ıhrer 
präzisen Reise 
Die ursprünglich als «Aperto 85» angekündigte Aus- 
stellung sah einen Überblick über das aktuelle Kunst: 
schaffen vor. Der Zeitgeist, verbunden mit der Rück- 
sichtnahme auf andere Vermittlertätigkeiten in diesem 
Lande, liessen den Wunsch stärker werden, ungeach- 
tet von stilistischen Erwägungen oder gar Feindbildern 
(Malerei gegen Skulptur gegen Malerei) prospektiv ein 
Klima aufzuzeigen, das in den nächsten Jahren mitbe- 
stimmend sein sollte: die Thematisierung von Stille in 
der dreidimensionalen Äusserung. Heftige Ablehnung 
zuerst und zunehmend einfühlende Zustimmung kenn- 
zeichneten denn auch die Rezeption dieser wie ein 
Poem im Raum komponierten Ausstellung zwischen 
den Polen Monument aus Stein und «fünf unbesteig- 
bare Berge» aus Blütenstaub. Die am Eingang placierte 
«Muse endormie» von Brancusi suggerierte in ihrer in 
sich geschlossenen Schönheit des schlafenden Kop- 
fes unausgesprochen den möglichen Umgang mit den 
gezeigten Werken, die in geschlossenen Räumen, 
oder in zur Saalmitte geöffneten Dreiecksräumen, 
oder in freien Placierungen im offen bleibenden Raum 
befindlich waren, frontal und allansichtig. Gezeigt wur- 
de von jedem Künstler meist nur ein Werk als Konzen- 
trat seines Schaffens, mehrere, wo Variation und 
Nuancierung es erforderten. Konkret: fünf Steinskulp- 
turen von Ulrich Rückriem, eine «metaphysische» 
Landschaft aus überzeichneten Holzvolumen von Tony 
Cragg, der Blick nach oben eines farbigen Kopfes aus 
Ton von Marisa Merz, das Mysterium eines weissen 
Marmorhauses und einer anthropomorphen Alaba- 
sterlandschaft von Louise Bourgeois, aus der Unregel- 
mässigkeit des selbstgeschöpften Papiers gewonnene 
skulpturale Verkörperungen von Joel Fisher, delikate 
Papier- und Holzreliefs von Richard Tuttle, die Obses- 
sion des Perfekten in Form einer Goldkugel von‘ James 
Lee Byars, Initiation durch Blütenstaub von Wolfgang 
Laib, nach Norden ausgerichtete Holzskulpturen als 
Transformationen von Bewegung in Stille von Michael 
Rutkowsky und im Raum die Fettkegel und komplexen 
Bodenskulpturen von Royden Rabinowitch, die Haus- 
blöcke, Resultat vielfacher Ummantelung eines Origi- 
nals von Thomas Virnich, die Skulptur gewordenen 
Körperneurosen und autonomen Grossobjekte von 
Franz West und an der Schlusswand die schwebende 
Feier der Manifestation von Weissnuancen in den 
Skulpturen aus vorgefundenen Dingen wie Kisten und 
Palmblätter von Cy Twomblvy. Und gleichsam als Ein- 
führung und Evokation der Kontinuität die fragile Be- 
drohung <Pointe a l’ceib von Alberto Giacometti und 
die Wachsoberfläche eines Kinderkopfes von Medar 
do Rosso. Ein im Raum komponiertes skulpturales 
Poem. Ja, das war's. 
Ausstellungen im Graphischen Kabinett 
Mario Merz — Arbeiten auf Papier 
Parallel zu der umfassenden Übersicht über die Iglus 
und Bildobjekte von Mario Merz zeigten wir im Gra- 
ohischen Kabinett seine Arbeiten auf Papier. In den 
sechziger Jahren, der Zeit der «Arte Povera), begleitet 
die Zeichnung die dreidimensionalen Arbeiten und 
kreist um die Hauptthemen des Künstlers wie den 
Iglu, die Schnecke, die Spiraltische und die Tischproli- 
‚erationen. Die Zeichnung stellt in der Zeit ein wichti- 
ges Bindeglied zwischen Idee und Objekt dar. Seit der 
Wiederaufnahme der Malerei ab ungefähr 1976 wer- 
den auch die Arbeiten auf Papier malerischer. In ihnen 
erscheinen archaische und mythische Tiere, in deren 
Struktur ebenfalls das Wachstumsprinzip der Fibonac- 
ci-Reihe präsent ist. Das verleiht den Zeichnungen 
eine innere Dynamik, die sich unmittelbar auf den Be- 
trachter überträgt. 
2
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.