Full text: Jahresbericht 1985 (1985)

=s war ein Jahr der Peripetien: Auf Erfreulichstes folg- 
te Misslichstes und umgekehrt. 
Es begann negativ: Am 10. Januar wurde die Rubens- 
Skizze «Orpheus und Eurydike) von unbekannter Tä- 
terschaft gestohlen und ist bis heute nicht wieder zum 
Vorschein gekommen. Für die Verantwortlichen des 
Kunsthauses legte sich ein Schatten auch auf erfolg- 
versprechende Aktivitäten wie beispielsweise die zu 
Jahresbeginn gezeigte Bonnard-Ausstellung, die An- 
lass ungetrübter Freude hätte sein können, war ihr 
doch nicht nur ein schöner Besucherzustrom gewiss, 
sondern auch die Tatsache, dass sie diesen Hauptmeil- 
ster des 20. Jahrhunderts auch in wissenschaftlicher 
Hinsicht in neuem Licht zeigen konnte. 
Und wenn sich die stimmungsmässige Grosswetter- 
age im Kunsthaus bis in den Frühsommer durch die 
überaus gelungene Mario-Merz-Ausstellung und die 
Nachricht, dass die Kunstgesellschaft ein Legat von 
seltener Grosszügigkeit, von dem im Kapitel über die 
Sammlung zu reden sein wird, in Empfang nehmen 
durfte, zu einem beinahe strahlenden Hoch zu entwik- 
keln vermochte, so erfolgte am 13. Juni ein Tiefschlag, 
der in der 75jährigen Geschichte des Kunsthauses 
keinen Präzedenzfall kennt: Das Brandattentat auf das 
Porträt Philipp IV. von Peter Paul Rubens hat nicht nur 
die Ruzicka-Stiftung ihres zweiten Werkes von Rubens 
beraubt, sondern bedeutet ganz allgemein einen Ver- 
lust für die europäische Kunstgeschichte. 
Die herostratische Tat, deren Sinn nicht einzusehen ist, 
wurde einmal mehr zum Anlass genommen, die Si- 
cherheitsdispositionen im Kunsthaus, die bereits 1976 
und 1979 von einer diesbezüglich spezialisierten Firma 
analysiert worden waren, erneut zu überprüfen. 
stand der Kunstgesellschaft in seiner Sitzung vom 
27. September 1985 den Betrag von Fr. 1000 000.- 
aus dem bereits erwähnten Legat für zusätzliche elek 
tronische Installationen reserviert hat. 
Dankbar sei an dieser Stelle die Zürich Versicherungs 
gesellschaft erwähnt, die in äusserst kulanter Weise 
die beiden Schadenfälle, soweit dies im Bereich peku 
niärer Massnahmen möglich ist, vergütet hat; es wird 
die nicht einfach zu lö6sende Aufgabe der nächsten 
Zukunft sein, mit den vorhandenen Mitteln das oder 
diejenigen Werke zu erwerben, die als gültiger Ersatz 
für den erlittenen Verlust gelten können. 
Trost angesichts des Unglückes in der Sammlung war 
allerdings die in den ersten Tagen 1986 eröffnete Aus 
stellung der Neueingänge des Berichtsjahres: Fülle 
und Gewichtigkeit einzelner Werke, die in diesem Jah 
resbericht vorzustellen eine reine Freude ist, übertref- 
fen gar den Zuwachs des Vorjahres, das wir selbst als 
Jahr der Sammlung)» bezeichnet haben. 
Dass neben diesen emotionsgeladenen Vorkommnis- 
sen die bereits früher in die Wege geleiteten Verhanc 
lungen zur Ausarbeitung neuer Subventionsverträge 
von weniger tiefgehendem psychischem Druck be- 
gleitet waren und zu einem vorläufigen guten Ende 
gebracht werden konnten, ist in erster Linie Stadtprä 
sident und Stadtrat zu danken, die sich den besonde- 
ren Wünschen des Kunsthauses stets offen und zu- 
vorkommend genähert haben; es ist zu hoffen, dass 
der Gemeinderat und nicht zuletzt auch die Zürcher 
Bevölkerung, die durch bewusst weit thematisierte 
Aktivitäten anzusprechen unser stetiges Anliegen ist, 
dieselbe kulturpolitisch liberale Haltung an den Tag le 
gen werden. 
ER 
Es ist dem Schreibenden eine besondere Genugtuung 
dass Stadtrat und Gemeinderat der Stadt Zürich dem 
Zesuch um Gewährung eines Kredites von Franken 
150 000.- für unumgängliche Sofortmassnahmen zur 
Verstärkung der Sicherheit innert kürzester Frist in po 
sitiver Weise Folge geleistet haben und dass der Vor-
	        
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