werden, dass es ausschliesslich einer günstigen Koin-
zidenz, dem Zufall im eigentlichsten Sinne des Wortes
zu danken ist, dass dieses Werk von wahrhaft natio-
naler Bedeutung nicht ins Ausland verkauft worden
ist. Es ist bedenkenswert, dass die Öffentlichkeit die-
ses reichen Landes nicht in der Lage ist, diejenigen
Mittel bereitzustellen, die nötig wären, um den natio-
nalen Kunstbesitz, auch und gerade in bezug auf Spit-
zenwerke, dauernd zu sichern. Die äusserst wichtige
Rolle privaten Mäzenatentums könnte kaum eindringli-
cher als anhand dieses Beispieles verdeutlicht wer-
den.
Aus den Mitteln desselben Legates konnten gegen
Jahresende eine Reihe höchst charakteristischer Do-
kumente der Dada-Bewegung sowie das um 1901 ent
standene Gemälde «La famille au Jardin» von Pierre
Bonnard erworben werden. Sowohl die Ergänzungen
zur immer repräsentativer werdenden Dada-Samm-
lung wie auch das Gartenbild bedeuten für unsere
Sammlung je eine höchst willkommene Akzentuierung
von bereits zuvor herausragenden Beständen. Die Ma-
lerei Bonnards kann in öffentlichen europäischen
Sammlungen, mit Ausnahme derjenigen in Paris, wohl
kaum vielfältiger und gültiger erlebt werden als in
Zürich. Dass mit diesen Erwerbungen die Mittel der
grossartigen Zuwendung noch nicht ganz endgültig in
Anspruch genommen worden sind, lässt berechtigte
Hoffnungen auf eine erfolgreiche Sammeltätigkeit im
<ommenden Jahr zu.
Auch die Vereinigung Zürcher Kunstfreunde konnte
ain magistrales Werk ins Eigentum aufnehmen: Wil-
helm Lehmbrucks «Emporsteigender Jüngling». Diese
überlebensgrosse Bronzefigur setzt der zuvor eher
schwachen Werkgruppe dieses Künstlers einen mar-
kanten Mittelpunkt. Dass Lehmbruck als bahnbrechen-
der Plastiker des Jahrhundertbeginns gerade in der
Kunsthaussammlung, die zu ihren Schwerpunkten die
moderne Plastik zählt, nunmehr mit einer seiner
relativ wenigen Grossplastiken - wir meinen mit sei-
nem Hauptwerk — Einzug nimmt, ist nicht zuletzt auch
im Hinblick auf Alberto Giacometti höchst erfreu-
lich.
Der Erwerb wurde dadurch finanziert, dass das Relief
aus Persepolis, das einen Diener in medischer Tracht
darstellt und das die Vereinigung 1955 erworben hat-
te, an den Kanton Zürich zur Aufbewahrung in der ar-
chäologischen Sammlung der Universität verkauft
wurde. Somit konnte zweierlei erreicht werden: Die
”astikabteilung des Kunsthauses konnte wesentlich
abgerundet werden, das persische Relief ist unserer
Stadt erhalten geblieben und konnte darüber hinaus in
jene Sammlungszusammenhänge integriert werden, in
denen es besser beheimatet ist als es je In unserem
ahemaligen recht heterogenen Antikensaal war. Als
Leihgaben haben wir zudem diejenigen Antiken aus
unserem Eigentum in die archäologische Sammlung
gegeben. die dort erwünscht sind.
Je ein Bild von Giovanni Giacometti durften die Verei-
nigung Zürcher Kunstfreunde sowie die Alberto-Gia-
cometti-Stiftung als Geschenk von Herrn und Frau
Bruno und Odette Giacometti entgegennehmen. Auf
acht erhöht hat sich damit die Zahl der im Kunsthaus
aufbewahrten Bilder des Bündner Maiers, der zusam-
men mit seinem Freund Cuno Amiet in der unmittel-
bar auf Hodier folgenden Stilstufe innerhalb der
Schweizerischen Kunstgeschichte am eindringlichsten
auf die expressiven Werte der Farbe hingewiesen hat.
Anlass der Schenkung an die Alberto-Giacometti-Stif-
tung war der 20. Jahrestag ihrer Gründung am 16. De-
zember. Um zu zeigen, dass diese Stiftung trotz äus-
serst beschränkten finanziellen Mitteln nach wie vor
danach trachtet, die Sammlung abzurunden, wurde
auf dieses Datum hin eine kleine Ausstellung der 1965
Dis 1985 neu ins Stiftungsgut aufgenommenen Werke
eingerichtet. Dabei konnte festgestellt werden, dass
der bedeutendste Zuwachs wiederholten Geschenken
von Bruno und Odette Giacometti zu danken ist.