um eine in dieser Zeit häufige Gemeinschaftsarbeit
mit dem Photo-Monteur John Heartfield, die, nach
dem Katalog «Tendenzen der Zwanziger Jahre», Nr. 3/
593 (hier als «Dada-Mann;, 1920), für das nie erschie-
nene Standardwerk «Dadaco>» vorgesehen war. Für
diesen für Januar 1920 angekündigten «dadaistischen
Weltatlas» waren Huelsenbeck und Tzara als Initiato-
ren aufgetreten, Heartfield sollte die Gestaltung über-
nehmen. So liegt der Schritt nahe, im «kopflosen,,
wohlgekleideten Herrn unserer Collage Richard Huel-
senbeck als Inkarnation von <«dada> zu vermuten. Auch
als Verlängerung der Beine ins Ungewisse erscheint in
typographischer Vielfalt das ominöse Wort, das insge-
samt zwölffach den neuen, im «Weltatlas» vorgestell-
ten Menschen durchströmt. Die mit Tusche gezoge-
nen Linien verweisen nicht nur auf die immer präsente
Querverbindung des Berliner Dadaismus zum Kon-
struktivismus, sondern siedeln den «Dada-Manmn in je-
nem ortlosen und allgemeinen Welten-Raum an, den
<«dadas) Geist erfüllen sollte.
danken- und Gestaltungswelt. Der Ordensträger ist ja
nicht nur an einer markanten Stelle entzweigeschnit-
ten, und ebensowenig markieren unentschlüsselbar
numerierte Einzelobjekte (Gemüseteile?) zufällig ero-
gene Zonen. Die «Venus beim Spiel der Könige»: Ein
beziehungsreich-hinterhältiges Satyrspiel auf das Ver:
hältnis von Eros und Gewalt, eine geistreiche Persifla
ge auf die verlogene Moral des Wilhelminismus, die
von Baargeld psychoanalvtisch visioniert wird
Zur kleinen Kölner Gruppe war im Frühling 1920 auch
Hans Arp gestossen, und gemeinsam mit Max Ernst
antstand die Reihe der «FATAGAGA-;»-Arbeiten (=FAbri
sation de TAbleaux GAsometriques GArantis). Auch
die Postkarte, welche Ernst und Arp mit Tzara im
Herbst 1921 aus den Ferien in Imst und Tarrenz im Ti-
-ol an Paul Eluard sandten, kann noch als solche ein-
gestuft werden. Ob die von Tzara in seinem Text ange-
tönte <«histoire d’amour) sich bereits auf Max Ernsts
spätere «menage ä trois) mit Eluard und seiner Frau,
der berühmten Gala, bezieht, bleibt offen. Auch der im
Photo auf Tzaras Armen thronende Jimmy Ernst kann
darüber seines zarten Alters wegen in seinen jüngst
veröffentlichten Memoiren leider nichts berichten. Die
anderen Damen des Gruppenbildes sind Louise
Straus, Max Ernsts Gemahlin, in Dada-Kreisen als Ar-
mada von Duldgedalzen bekannt (links), und Tzaras
Gefährtin Maya Chrusecz neben Arp. Die Tuschzeich-
nung Arps entspricht dem im Tirol konzipierten
«Dada 8) und hat auch formale Analogien zu Holz-
schnitten der zweiten Flake-Mappe (1921/22). Als Ab-
sender grüsst ein koboldhaftes Gesicht, eine Kombina-
tion von Arpscher Tusche und frottageartigen Tabak-
signalen von Max Ernst. Diese Künstlerpostkarte hat
zweifellos primär dokumentarischen Reiz, sie führt je-
doch auch ein vom Expressionismus in die Kunst ein-
geführtes, neues Medium in den Dadaismus über, von
wO es viele Künstler des 20. Jahrhunderts zur Nach-
folge animierte.
Die Collage von Grosz ergänzt den bisherigen Bestand
von zwei Zeichnungen, die durch Abbildungen als ei-
nes seiner Hauptwerke bekannte Collage «Venus beim
Spiel der Könige» (1920) von Johannes Baargeld wie-
derum die etwa gleich grosse, 1980 erstandene <«Typi-
sche Vertikalverklitterung als Darstellung des Dada
Baargeld» aus dem gleichen Jahr. Zwei Hauptstücke
des Kölner Dadaisten, der 1925 als halsbrecherischer
Bergpionier «Jesaias» am Mont-Blanc abstürzte, befin-
den sich damit in der Sammlung des Kunsthauses. Er
führte mit Max Ernst 1919-21 die Kölner Dada-Bewe-
gung an, die mit dem «Ventilator», dem «Bulletin D>
und der «Schammade» aufmüpfige und gestalterisch
ausgefallene Broschüren herausgab und die skandal-
umwitterte Ausstellung «Dada-Vorfrühling»> (1920)
durchführte. Baargelds «Venus» blickt nicht nur einiger-
massen süffisant auf das «Spiel der Könige», womit
wohl der Krieg gemeint ist, die Schnurrbart-Scham-
haar-Parodie mag dabei vorerst einmal dadaistischen
Pazifismus und Clownerie bedeuten, in ihrer formalen Während die drei oben beschriebenen Werke die Prä-
Struktur und in ihren inhaltlichen Assoziationsmustern senz des deutschen Dadaismus in der Sammlung ver-
wirkt sie aber wie ein Vorläufer surrealistischer Ge- stärken, gehören fünf Neuerwerbungen zum Kreis von