ration mit Ausnahme von Mondrian leider nur schwach
vertreten ist. Ob hier in Anbetracht der uns zur Ver-
fügung stehenden Mittel und der Seltenheit bedeuten-
der Werke auf dem Kunstmarkt Abhilfe geschaffen
werden kann, muss an dieser Stelle offen bleiben. Dass
jedoch mit der Verwendung des Fonds für den Erwerb
von Werken der geometrisch-konstruktiven Kunst der
Ausbau dieser Abteilung nicht abgeschlossen Ist, ist
beinahe eine Binsenwahrheit. Denn jede gewichtige
Sammlungsabteilung sollte, um lebendig zu bleiben,
weiter ausgebaut werden können. In diesem Sinne
bleibt das Ziel bestehen, das bereits in dem vom Stadt-
rat angeforderten Reglement 1983 formuliert worden
ist:
«Das Wirken der bedeutenderen in Zürich tätigen kon-
struktiven Künstler soll so gezeigt werden können, dass
eine lückenlose Dokumentation über die verschiede-
nen Recherchen dieser Künstler gewährleistet Ist.
Gleichzeitig soll anhand ausgewählter qualitativ mög-
lichst hochstehender Werke aus dem internationalen
Bereich konstruktiver Kunst der historische Stellen-
wert der Zürcher Gruppe erfasst werden können.)
Ich bin überzeugt, dass diese Zielsetzungen In Anbe-
tracht der heutigen Situation, da die Stiftung für kon-
struktive und konkrete Kunst Wirklichkeit geworden ist,
ihre Gültigkeit behält. Da diese Stiftung Aufgaben
übernimmt, die die Möglichkeiten des Kunsthauses
übersteigen, z. B. die Verwaltung mehrerer Künstler-
nachlässe, ist eine sinnvolle Arbeitsaufteilung nicht
nur möglich, sondern erwünscht. Zu dieser Aufteilung
gehört zweifellos, dass im Kunsthaus stets eine re-
präsentative Sammlung konstruktiver Kunst zu sehen
ist, dass die Stiftung auf der andern Seite ein Ort sein
kann, der sich in noch vermehrtem Mass für Detail-
studien im Sinne eines Dokumentationszentrums an-
bietet. Es ist und bleibt Aufgabe des Kunsthauses,
die konstruktive Kunst in einer straffen und präzisen
Auswahl darzustellen und mit den Hauptströmen der
künstlerischen Entwicklungen unseres Jahrhunderts
in Beziehung zu bringen.
Felix Baumann
JEAN TINGUELY
LE CYCLOGRAVEUR, 1960
Der «Cyclograveun entstand im offiziellen Gründungs-
jahr des «Nouveau Realisme» für einen langen Umzug,
der am 13. Mai 1960 von Tinguelys Atelier in der Im-
passe Ronsin durch die Strassen von Paris zur Rue de
Grenelle in die «Galerie des 4 Saisons» führte. Ein
Kunsttransport? Eine Prozession? Die Vorbereitungen
des Umzugs wie die Überführung der Maschinen auf
speziellen Fahrgestellen (hat der Künstler der Fahr-
tüchtigkeit seiner Konstruktionen misstraut?) sind be-
stens dokumentiert: der «Cyclograveurn wurde von
YHorst Rüdiger bedient, Tinguely selber während der
an die Basler Fasnacht erinnernden Parade auf dem
Boulevard Montparnasse von der Polizei eingesteckt.
Trotzdem kam alles gut an und wurde für eine Woche
im Licht von starken Scheinwerfern mit Schattenspie-
len auf den Wänden (wie später, auch im Kunsthaus
Zürich 1982) inszeniert. Ein schmales Völklein hat die
Ausstellung überhaupt gesehen - wichtiger war wohl
das Happening des Transports, das in die Annalen
des «Nouveau Realisme, einging. Und zurück blieb
unter anderem eines der Hauptstücke des «klassischen
Tinguely, das der Künstler der Sammlung des Kunst-
nauses in Erinnerung an seine spektakuläre Ausstellung
nun zum Geschenk machte.
Der «Cyclograveun ist eine jener rostigen Schrottma-
schinen, in denen Tinguelys Parodie der Industriekultur
wie des Kunstbetriebs besonders augenfällig ist. Eine
fragile Antimaschine, die entgegen allen Erwartungen
doch läuft, mit ihren eigenen rhythmischen Geräuschen
und via Trommel und Zimbeln eine Art Trivialmusik
(wie das «Relief sonore Iı des Kunsthauses) und gar
noch Kunst produziert, indem via ein Fahrradgetriebe
ain Stahlstichel auf eine schwarz bemalte Pavatexplatte
Strukturen <eingravierb, die den Tachismus imitieren.
Die Ironisierung dieser damals in Paris noch immer füh-
‚enden Strömung hatte mit einer ganzen Reihe von
‚Metamatics)» eingesetzt, nur wurden diese Zeichenma-
schinen von Jahr zu Jahr grösser und komplizierter.
hr