Sehr geehrte Mitglieder der Zürcher Kunstgesellschaft,
Im September 1986 habe ich dem Vorstand der Zürcher
Kunstgesellschaft mitgeteilt, dass ich für eine Wieder-
wahl als Präsident der Zürcher Kunstgesellschaft anläss-
lich der statutarischen Wieder- und Neuwahlen im Mai
1987 nicht mehr zur Verfügung stehen werde.
Ich bin jetzt 64 Jahre alt und habe 12 Jahre als Präsi-
dent Ihrer Gesellschaft gewirkt.
12 Jahre sind eine schöne Zahl. Es sind auch 12 gute
Jahre für das Kunsthaus und für mich gewesen.
- Eine Reihe von Höhepunkten im Rahmen unserer
Ausstellungen.
In den letzten Jahren ausserordentliche Bereiche-
rungen unserer Sammlung - Schenkungen, Legate
und Stiftungen machten dies möglich. Weitere sehr
bedeutende Taten von privater Seite sind uns gewiss
oder scheinen durchaus im Rahmen des Möglichen.
Besucherzahlen nahezu verdoppelt;
Mitgliederzahlen mehr als verdoppelt.
Das Kunsthaus ist intern personell und finanziell in
Ordnung.
Von aussen gesehen hat das Kunsthaus lokal und
auch international einen guten Namen. Das Einver-
ständnis mit unseren Aktivitäten und der Samm-
lungspolitik übertrifft eindeutig die Kritiken, die übri-
gens auch berechtigt sein können und Hinweise
geben.
Ich empfinde die Notwendigkeit jüngere Kunstinter-
essierte zum Zuge kommen zu lassen. Gerade im
Bereich der bildenden Kunst geht die Entwicklung sehr
schnell vor sich. Vieles ändert sich auch ganz allge-
mein. Die Generationen müssen wechseln, bevor es
Generationenkonflikte geben könnte. Das Kunsthaus
darf den Anschluss an die gesellschaftlichen Ver-
änderungen, die neuen, sehr verschiedenen Akzent-
setzungen nicht verpassen. Wir laufen sonst Gefahr,
gerade weil unser Haus gesamthaft erfolgreich ist,
selbstgefällig und routinemässig zu werden. Ich bin der
Meinung, dass ein Wechsel im Präsidium dann erfol-
1 XL 2 AMP m .
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gen muss, wenn ein neuer, Jüngerer Mann geordnete
Verhältnisse antreten kann.
Es erfüllt mich auch mit grosser Befriedigung, dass
keine anderen Gründe als die angeführten meinen Ent
schluss beeinflusst haben. Für mich sind die Bezie-
hungen zu Vorstands- und Kommissionsmitgliedern
gut, genau gleich wie zur Direktion, zu den Konservato-
ren und zum Personal. Das Verhältnis zu den städti-
schen und kantonalen Behörden könnte nicht ange-
nehmer sein.
In sehr zeitaufwendiger Arbeit haben wir die Modali-
täten eines neuen Subventionsvertrages und die Pro-
jektierung der Renovation des Kunsthaus-Altbaus
vorbereitet und vorgelegt.
Es ist mir persönlich von Ihnen, sehr verehrte Mitglie-
der der Zürcher Kunstgesellschaft, von der Vereinigung
Zürcher Kunstfreunde, von den Kunstschaffenden, von
den Vertretern der Medien, von der Stiftung Kunsthaus
Zürich sowie von den Behörden stets Verständnis und
Vertrauen entgegengebracht worden, ebenso Unter-
stützung und Anerkennung.
Ich kann Sie versichern, dass ich dem Kunsthaus unver
ändert verbunden bleibe. Ich darf Sie bitten, meinen
Entscheid so positiv auf- und anzunehmen, wie ich die-
sen selbst sehe.
Mein Dank an Sie alle schliesst auch die vielen inter:
essierten und treuen Besucher unseres Kunsthauses
ein.
Mit freundlichen Grüssen
Ihr
CE Ray Ch zn
Carlo von Castelberg