kaum zu erhoffen wagten, wurde erreicht. Wir be-
nützten die Gelegenheit, die drei Seitenlichtsäle im
Sinne einer Altmeister-Galerie neu zu ordnen und farb-
lich abzutönen. Das Gemälde hängt jetzt dem «Apostel
Simon» von Rembrandt als ebenbürtige Vertretung
der südlichen, katholischen Niederlande gegenüber
und strahlt in seiner lebensvollen Wärme auf die ganze
Sammlung aus. So verdankt es Zürich nur der Gross-
zügigkeit zweier ausländischer Sammler, die sich hier
erst in reifen Jahren niederliessen, wenn heute die
grosse Tradition europäischer Malerei in unserem
Museum gegenwärtig ist und von jedermann studiert
und genossen werden kann: Ansporn und Verpflich-
tung soll dies den Einheimischen sein!
sie es in diesem Falle gern dem Kunsthaus schenke.
Die Reinigung enthüllte die reich differenzierte Farbig-
keit und brachte die komplexe Komposition wieder
zur Geltung, die bereits auf die Kunst der Nabis voraus
weist. So ist nun Gauguin, der erst vor fünf Jahren
dank dem sehr grosszügigen Legat von Frau Hausam-
mann im Kunsthaus Einzug gehalten hat, bereits mit
drei Gemälden vertreten.
Im Bereich der klassischen Moderne durfte die Kunst-
gesellschaft wie schon vor Jahresfrist mit Dalis Turm
aus der Sammlung Burgauer ein wichtiges surreali-
stisches Werk entgegennehmen. Max Ernsts «Les cages
sont toujours imaginaires) verknüpft in seinem objekt-
haften Charakter diese Richtung mit den Zeugnissen
der Dada-Bewegung. Dieses Vogelmonument ver-
machte uns Frau Marietta von Meyenburg, die uns be-
reits vor zwei Jahren das Gemälde von Picabia zu sehr
günstigen Konditionen verkaufte.
Doch auch von dieser Seite geschah im Berichtsjahr
durchaus Ungewöhnliches und dies in doppeltem
glückhaftem Zusammentreffen. Zum ersten Mal seit
einem halben Jahrhundert tauchte aus unbekanntem
Privatbesitz eine Altartafel aus der Blütezeit der spät-
gotischen Malerei in Zürich auf, die im Bildersturm der
Reformation ihr bekanntes katastrophales Ende fand.
Nur ein winziger Bruchteil entging damals dem Unter-
gang; das neu gefundene «Martyrium eines jugend-
lichen Heiligen» - vielleicht des Stadtpatrons Felix — ist
das einzige Werk, das von der Hand dieses Meisters
auf uns gekommen ist. Die aussergewöhnliche Qualität
erweisen Ihn als einen der führenden Künstler und
erweitern unsere Vorstellung von Rang und Spannweite
der damaligen Zürcher Kunsttätigkeit beträchtlich. Nun
feierten die Zünfte 1986 das 650-Jahr-Jubiläum der
Brunschen Zunftverfassung, auf der die Blüte solchen
Handwerks wesentlich beruhte: kaum liesse sich eine
sinnvollere Erinnerungsgabe der Zünfter an die Stadt
denken, als diese besonders edle Frucht ihrer Vor-
fahren.
Ein ebenso erfreuliches Geschenk verdanken wir
Jean Tinguely. Angetan von der Neueinrichtung des
Erweiterungsbaues, in dem auch seine Werke neu
zur Geltung kommen, übergab er uns seinen «Cyclo-
graveun, ohne Zweifel eines seiner Hauptwerke,
das in der stark räumlichen Entwicklung die bereits
vorhandenen reliefhaften Arbeiten aufs beste ergänzt.
Die Verbindung eines Velos mit einer Zeichenma-
schine ist sicher einer der zündendsten dadaistischen
Geistesbilitze, die die Vorstellungswelt des Künstlers
und das Lebensgefühl seiner Zeitgenossen gleicher-
massen erhellt.
Zu lange würde es dauern, hier sämtliche Geschenke
zu würdigen, von denen nur noch das von Frau Benda
vermachte Blumenstilleben Kokoschkas und das mit
dem von Frau Hulda Zumsteg ausgesetzten Beitrag an-
Schon seit etlichen Jahren ruhte im Depot des Kunst- gekaufte Gemälde von Marcel Schaffner erwähnt seien
hauses ein eigenwilliges, frühes Stilleben von Paul Gau- zine besonders hochherzige Spende von Fr. 200 000
guin, entstellt von einem verschmutzten Firnis. Trotz- verdankt die Kunstgesellschaft Frau Annie Bodmer-
dem sollte es nun einmal ausgestellt werden, und wie Abegg. Die Erwerbungen aus dem Sonderkredit für
wir dafür um Erlaubnis nachsuchten, eröffnete uns die geometrisch-konstruktive Kunst konnten mit einem
Besitzerin zu unserer Überraschung und Freude, dass wichtigen frühen Werk von Max Bill, dem der Künstler