geometrisch-konstruktive Kunst unseres Jahrhunderts
entscheidend mitgeprägt hat.
Huszar war in vielen Bereichen tätig: Neben den Glasfen-
stern (die ihn mit Theo von Doesburg «Komposition V»,
1918, Glasfenster-Entwurf unserer Sammlung* verbinden)
entstanden Bewegungsstudien und Tanzfiguren, er war als
Typograph und gefragter Reklameentwerfer tätig. Ganz
besonders intressierte er sich jedoch für Architektur und
schuf u.a. für den Architekten Jan Wils, der wiederum auch
mit van Doesburg zusammenarbeitete, mehrere farbige
Reklamegestaltungen.” Wie die Schenkgeber, Margit und
Rolf Weinberg, schreiben, handelt es sich bei Huszars
Objekt um eine der «ersten räumlichen Anwendungen der
Gestaltungselemente der Künstlergruppe de Stijl unter
Verwendung der Primärfarben.»
In einem verwandten, einerseits konkreten, andrerseits
mehr theoretischen Bezug zur Architektur steht das Bild
«Komposition in Rot, Blau und Gelb», 1930, von Piet
Mondrian, dem herausragenden Maler von de Stijl. Es
gesellt sich, bedeutsamstes Einzelwerk aus der Schenkung
des Architekten und Architekturprofessors Alfred Roth,
als «zweiter Mondrian» zur bereits 1956 nach grossen
Diskussionen erworbenen «Komposition I», 1925. Afred
Roth, der 1927 in Stuttgart beim Bau der Weissenhof-Sied-
lung als Mitarbeiter Le Corbusiers u.a. die holländischen
Architekten J.J.P. Oud und Mart Stam kennengelernt
hatte und Mondrians Bauhaus-Buch 5 «Neue Gestaltung»
besass, traf erstmals Ende April 1928 mit dem Künstler in
dessen Pariser Atelier zusammen. Die «Offenbarung» fand
eine Fortsetzung in mehreren, freundschaftlichen Werk-
statt-Gesprächen. Roth interessierte insbesondere die enge
Verwandtschaft der offenen, neoplastischen Bildkonzep-
tion mit der ebenso offenen Raumkonzeption der
modernen Architektur, insbesondere der holländischen.® —
«Mondrians Malerei befand sich in jenem Zeitpunkt im
Stadium letzter Klärung, gekennzeichnet durch grössere
Vereinfachung der Konzeption, ausgewogeneres Gleichge-
wicht der Bildelemente und sublimiertere ästhetische
Ordnung, als dies in früheren Stadien der Fall war. Anstelle
der in das Leinwandformat eingefügten, in sich geschlos-
senen Komposition trat jetzt der nach allen vier Rich-
tungen sich öffnende und ausdehnende Bildaspekt.
Sowohl das Grundlinienkreuz der Bildstruktur als auch die
farbigen und weissen Felder sind über den Bildrand hinaus
fortgesetzt gedacht. Dadurch wird die Komposition zu
einem konzentrierten Ausschnitt eines angenommenen
imaginären und künstlerischen Ordnungssystems ge-
macht, gewissermassen kosmischen Gleichgewichts.»
«Sein» Bild bestellte Alfred Roth erst etwas später, von
:inem längeren Arbeitsaufenthalt in Göteborg aus. Am
6. September 1929 schrieb er dem Künstler u.a.: «Le heu-
reux moment 0ü yarrive A la realisation de mon plus grand
desir est venu: de vous commander une peinture. Je vous
»nvoie par mandat postal francs francais 800, une petite
premiere somme, mais je vous promets de Paugmenter
aussi vite que possible, soit en deux mois d’environ. J’ai
travaille durement pour arriver dejä A ceci et je ne cesseral
pas de vous contenter entierement. Je vous raconte en deux
mots pourquoi il me faut un «Mondrian». Ce mn’est pas
seulement parce que cette ceuvre me donnera de Padmira-
tion et de la joie contemplative infinies et m’approchera
votre esprit et votre personnalite tout pres de mol, mais C’est
aussi pour en tirer des recherches personnelles sur Vart
plastique.» — «Choisissez entre vos oeuvres une, qui, la lais-
sant, ne vous fasse pas trop de chagrin, seulement une
vetite, ainsi je pourrai facılement l’emporter sur mes
voyages (max. 40 cm)». Mondrian willigte ein, auch zum
Spezialpreis von total 1500 francs, und bat um einen diffe-
renzierteren Auftrag: «Ecrivez-moi si vous preferiez bleu et
jaune, blanc et gris, ou bien rouge, peu de bleu et de jJaune et
blanc et gris. Ces dernieres ceuvres avec du rouge sont plus
'reelles”, les autres plus spirituelles plus ou moins».”
Alfred Roth wartete sehnsüchtig auf das Bild, und so wollte
er Mondrian die Entscheidung überlassen. Immerhin
bemerkte er in seiner Antwort vom 17. September, er würde
viel Rot und weniger Blau und Gelb vorziehen. Auf der
Rückreise von Schweden in die Schweiz machte Roth am
30. Januar 1930 in Paris Halt: «Der grosse und glückliche
Moment war gekommen! Mondrian zeigte mir mit stiller
Freude das für mich bestimmte, extra auf die Staffelel
gestellte Bild. Meine Begeisterung kannte kaum Grenzen!
Die Komposition hätte meiner Wunschvorstellung nicht